Wowereit ist Litauisch und heisst Eichhörnchen. Klaus Wowereit ist Sozialdemokrat und regierender Bürgermeister in der Hauptstadt. Wie das Eichhorn nach Eicheln ist er auf der Suche nach Schul- und Studien-PraktikantEn für die Senatskanzlei!
Wer ein abgeschlossenes Hochschulstudium, redaktionelle Erfahrung im Printbereich und gute Kenntnisse der Berliner Medienlandschaft mitbringt, hat gute Karten. Schreibt ihm doch mal einen Brief: Herr Wowereit, Rotes Rathaus, Berlin Mitte!
Dienstag, November 15, 2005
Ein paar Zeitungen weniger
Alexander Lukaschenko hat drei Zeitungen von der Verteilerliste der Post, dem Vertriebsmonopolisten in Belarus, streichen lassen. "Narodnaja Wolja" (Der Volkswille), "Solidarnost'" (Solidarität) und "Sgoda" (Eintracht) werden ab Januar nicht mehr in den Kiosken liegen. Das sit nicht das erste Mal, wird jetzt aber sicher mehr Aufmerksamkeit erlangen, da Belarus nach Georgien und der Ukraine als potentieller verglühender Stern der postsowjetischen Ära gehypt wird. Im Februar 2005 legte die Bertelmann Stiftung ein Paper zum Umsturz in der kleinen, fast vergessenen Republik vor. Einen netten Artikel zum Thema findet man hier.
Montag, November 14, 2005
This is London
Bush House London, eine der bekanntesten Adressen der Welt. Heute vor 83 Jahren nahm die BBC ihr Hörfunkprogramm auf. Daran sollte mal erinnert werden. Der deutschsprachige Dienst am Berliner Savignyplatz wurde nach einer Senderreform des neuen Managements vor zwei Jahren eingestellt. Zugunsten eines neuen arabischsprachigen Programms sollen nun noch mehr Länderdienste eingestellt werden. Schade!
Samstag, November 12, 2005
Situation freier Radios in Deutschland
Freie Radios – die kleinen, weit verstreuten Inseln in der bundesdeutschen Medienlandschaft – gibt es mittlerweile an vielen Orten. Man sendet dort vorwiegend in NKL´s (nichtkommerziellen Lokalradios) oder in kleinen Zeitfenstern anderer Radios. Sie alle eint, sich bewusst oder unbewusst vom Radioeinerlei abzusetzen. Artikel bei indy.de hier.
Freitag, November 11, 2005
Gewinnerin der Wende 2
Französisch ist eine tolle Sprache und ich wollte sie lernen. In der DDR gab es das Fach nur fakultativ. Die gab es seit fünf Jahren nicht mehr. Ich ging zur Volkshochschule und lernte bei einer richtigen Französin. Das war toll. Die meisten Leute im Kurs waren doppelt so alt wie ich. Eine war selbst Lehrerin, allerdings für Chemie. Sie war immer ganz lustig und gut gelaunt. In den Pausen erzählte sie viel, wie schön es in Frankreich ist, wie toll, daß Reisen jetzt so normal geworden sei.
Zur gleichen Zeit lernte ich Uwe kennen. Wir wurden Freunde. Oft sprachen wir über unsere Erfahrungen mit der Volksbildung der DDR, unsere Schulzeit vor und nach der Wende. Er erzählte von einer Chemie-Lehrerin, die ihn beauftragte, Rechenschaftsberichte über andere Schüler zu schreiben. Ein Name fiel. Ich hakte nach, wollte es genauer wissen. Die Beschreibung passte. Kein Zweifel. Die frankophile Plaudertasche aus meinem VHS-Kurs hatte, wenn das stimmte, einige Jahre zuvor versucht, ihn über seine Mitschüler auszulauschen.
Wer hat sie gezwungen? Hat sie jemand gezwungen? Ist das alles so schlimm? Schließlich waren es doch noch Kinder. Was sollten die schon zu verbergen haben?
War das pädagogische Praxis unter Margot Honecker? Keine Ahnung. Ich werde es nicht mehr erfahren. Die Menschen haben ihr Weltbild zurechtgerückt und sich neu angepasst. Vor sich selbst und vor irgendwelchen Gesetzen sind sie frei von Schuld.
Sie haben keine Mauerflüchtlinge erschossen, keine volkseigenen Betriebe ruiniert und waren nicht alle bei der Stasi.
Zur gleichen Zeit lernte ich Uwe kennen. Wir wurden Freunde. Oft sprachen wir über unsere Erfahrungen mit der Volksbildung der DDR, unsere Schulzeit vor und nach der Wende. Er erzählte von einer Chemie-Lehrerin, die ihn beauftragte, Rechenschaftsberichte über andere Schüler zu schreiben. Ein Name fiel. Ich hakte nach, wollte es genauer wissen. Die Beschreibung passte. Kein Zweifel. Die frankophile Plaudertasche aus meinem VHS-Kurs hatte, wenn das stimmte, einige Jahre zuvor versucht, ihn über seine Mitschüler auszulauschen.
Wer hat sie gezwungen? Hat sie jemand gezwungen? Ist das alles so schlimm? Schließlich waren es doch noch Kinder. Was sollten die schon zu verbergen haben?
War das pädagogische Praxis unter Margot Honecker? Keine Ahnung. Ich werde es nicht mehr erfahren. Die Menschen haben ihr Weltbild zurechtgerückt und sich neu angepasst. Vor sich selbst und vor irgendwelchen Gesetzen sind sie frei von Schuld.
Sie haben keine Mauerflüchtlinge erschossen, keine volkseigenen Betriebe ruiniert und waren nicht alle bei der Stasi.
Gewinnerin der Wende 3
Die Kunstlehrerin in der Unterstufe, dem Equivalent zur Grundschule, war immer sehr nett. Bei ihr malten wir Drachen, Panzer und Blumen. Sie unterrichtete auch Geschichte. Aber Geschichte gab es erst ab der Fünften. Ich war noch nicht sehr lange in der Schule. Ein paar Bänke weiter saß Conny. Conny war toll und wohnte in der Bötzowstrasse. Nach den Herbstferien war ihre Bank freigeworden. Conny war rübergegangen, in den Westen. Wir hatten nicht danach gefragt, doch die Kunstlehrerin zog über ihre Eltern her, als wären es Verbrecher. Wir verstanden wenig. Sicher, es war ihre Aufgabe und sie hat an die DDR geglaubt. Viele taten das.
Unsere Kunstlehrerin war Parteisekretaärin der Schule. Keine Ahnung was man machen musste, um diesen Posten zu bekommen. Vielleicht genauso viel und genauso wenig wie ich für meinen Posten als stellvertretender Gruppenratsvorsitzender und meine Degradierung zum Trommel-Reporter und Agitator ab der Vierten. Parteischule, Parteilehrjahr, Marxismus-Leninismus-Seminare - der ganze Krempel ist mir erspart geblieben. Sie hat sicher das volle Programm mitgenommen und sie war eine meiner Lieblingslehrerinnen. Nicht nur in Kunst, später auch in Geschichte.
Bis zu einem bestimmten Tag. Mein Freund Matze, einer der besten Schüler unserer Klasse, wurde von ihr zum Abschuss freigegeben. Er gehörte zu den wenigen, die sicherlich eine Zulassung zur EOS bekommen hätten. Die Launen der nachtragenden Kunstlehrerin hätten dies alles zerplatzen lassen können, wäre nicht alles ganz anders gekommen.
Matze hatte eine Frage in einer Geschichts-Leistungskontrolle etwas zu schnippisch beantwortet. Mit einer Quellenangabe: "Siehe Karl Marx, Friedrich Engels, Kommunistisches Manifest. London 1848."
Das war nun wirklich etwas bequem. Bei einer Bio-Arbeit kann man auch nicht "Siehe Lehrbuch Biologie Klasse 8." schreiben.
Die nette Kunstlehrerin mutierte aber plötzlich zur Furie, schrie herum, br&252llte ihn an und sah in ihm den personifizierten Klassenfeind. Ich war fassungslos. Wer sollte sich da trauen etwas zu sagen? Ich tat es nicht. Soweit ich mich entsinnen kann, wollte sie gleich mit Tadeln um sich werfen.
Das war in der letzten Phase der DDR bei Lehrerinnen und Lehrern sehr beliebt, um einzelne Schüler und ganze Klassen auf Kurs zu halten. Da sind viele Tränen geflossen.
Mit der Wende kamen die Wendehälse. Nein! Sie waren schon da. Die dogmatischen Lehrerinnen stellten die Bänke in U-Form zum Runden Tisch, kopierten aus Westlehrbuechern und sprachen offener oder gar nicht mehr. Die nette Parteisekretaerin der Schule verlor ich aus den Augen. Nach der Schulreform 1991 landete sich wieder an meiner neuen Schule. Ich hatte keinen Unterricht mehr bei ihr. Sie arbeitete nun im anderen Gebäude, bei den 7. und 8. Klassen. Ihr kurzes, blondes Haar war grau geworden.
Wenn ich in der neuen Schule an ihr vorüberging, würdigte sie mich keines Blickes. Vielleicht war ich Vergangenheit und die war nicht mehr da. Sie hat den Sprung geschafft. Ehrlich gesagt, habe ich gehofft, daß sie nicht im Schuldienst bleibt. Doch was hätte sie sonst noch machen koennen? Sie hat niemanden geschlagen. Doch sie hatte Macht und hat sie benutzt. Ich denke nicht, dass sie jemand gezwungen hat. Das einzige Kontrollorgan im Klassenraum waren die Schülerinnen und Schüler. Mit ihrer Schuld muss sie selber leben. Das ist sicher hart genug. Ich mache ihr keine Vorwürfe, begegnen möchte ich ihr aber auch nicht mehr, der Lieblingslehrerin von damals.
Unsere Kunstlehrerin war Parteisekretaärin der Schule. Keine Ahnung was man machen musste, um diesen Posten zu bekommen. Vielleicht genauso viel und genauso wenig wie ich für meinen Posten als stellvertretender Gruppenratsvorsitzender und meine Degradierung zum Trommel-Reporter und Agitator ab der Vierten. Parteischule, Parteilehrjahr, Marxismus-Leninismus-Seminare - der ganze Krempel ist mir erspart geblieben. Sie hat sicher das volle Programm mitgenommen und sie war eine meiner Lieblingslehrerinnen. Nicht nur in Kunst, später auch in Geschichte.
Bis zu einem bestimmten Tag. Mein Freund Matze, einer der besten Schüler unserer Klasse, wurde von ihr zum Abschuss freigegeben. Er gehörte zu den wenigen, die sicherlich eine Zulassung zur EOS bekommen hätten. Die Launen der nachtragenden Kunstlehrerin hätten dies alles zerplatzen lassen können, wäre nicht alles ganz anders gekommen.
Matze hatte eine Frage in einer Geschichts-Leistungskontrolle etwas zu schnippisch beantwortet. Mit einer Quellenangabe: "Siehe Karl Marx, Friedrich Engels, Kommunistisches Manifest. London 1848."
Das war nun wirklich etwas bequem. Bei einer Bio-Arbeit kann man auch nicht "Siehe Lehrbuch Biologie Klasse 8." schreiben.
Die nette Kunstlehrerin mutierte aber plötzlich zur Furie, schrie herum, br&252llte ihn an und sah in ihm den personifizierten Klassenfeind. Ich war fassungslos. Wer sollte sich da trauen etwas zu sagen? Ich tat es nicht. Soweit ich mich entsinnen kann, wollte sie gleich mit Tadeln um sich werfen.
Das war in der letzten Phase der DDR bei Lehrerinnen und Lehrern sehr beliebt, um einzelne Schüler und ganze Klassen auf Kurs zu halten. Da sind viele Tränen geflossen.
Mit der Wende kamen die Wendehälse. Nein! Sie waren schon da. Die dogmatischen Lehrerinnen stellten die Bänke in U-Form zum Runden Tisch, kopierten aus Westlehrbuechern und sprachen offener oder gar nicht mehr. Die nette Parteisekretaerin der Schule verlor ich aus den Augen. Nach der Schulreform 1991 landete sich wieder an meiner neuen Schule. Ich hatte keinen Unterricht mehr bei ihr. Sie arbeitete nun im anderen Gebäude, bei den 7. und 8. Klassen. Ihr kurzes, blondes Haar war grau geworden.
Wenn ich in der neuen Schule an ihr vorüberging, würdigte sie mich keines Blickes. Vielleicht war ich Vergangenheit und die war nicht mehr da. Sie hat den Sprung geschafft. Ehrlich gesagt, habe ich gehofft, daß sie nicht im Schuldienst bleibt. Doch was hätte sie sonst noch machen koennen? Sie hat niemanden geschlagen. Doch sie hatte Macht und hat sie benutzt. Ich denke nicht, dass sie jemand gezwungen hat. Das einzige Kontrollorgan im Klassenraum waren die Schülerinnen und Schüler. Mit ihrer Schuld muss sie selber leben. Das ist sicher hart genug. Ich mache ihr keine Vorwürfe, begegnen möchte ich ihr aber auch nicht mehr, der Lieblingslehrerin von damals.
Gewinner der Wende 4
Wir wohnten damals in einer Mietskaserne im Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg. Uns gegenüber wohnte ein Elektriker. Meine Eltern kannten ihn nur vom Sehen her und konnten ihn nicht leiden. Ich glaube, ich hatte Herbstferien. Meine Eltern erwarteten Handwerker. Es klingelte. Ich öffnete und prompt stand unser Herr Nachbar von gegenüber in der Wohnung. So nah hatte ich ihn nie gesehen. In dieser Zeit unterhielt man sich viel und viel hemmungsloser als noch wenige Wochen zuvor, egal mit wem. Die Angst war weg. Auch die Sprüche meiner Eltern waren verhallt. "Kein Wort von dem was heute hier gesprochen wurde, verlaesst jemals diese vier Waende. Ist das klar?"
Der Elektriker machte sich ans Werk, schraubte im Korridor rum und wetterte im aggressivsten Ton gegen die Demonstrierenden. Warum erzaehlte er uns das? Was wollte er uns klar machen? Wovor hatte er Angst? Mein Vater hielt dagegen. Ich hielt mich, wie anerzogen, zurück. Die Leute auf den Strassen waren keine Konterrevolutionaere. Die wollten auch keine Vereinigung mit der BRD. Die wollten eine neue, bessere DDR. Da war ich mir sicher. Der Elektriker hetzte weiter gegen die junge Opposition und gefiel sich gut in der Rolle. "Die müssen sich nicht wundern, wenn sie was drauf bekommen."
Ich konnte und wollte es nicht glauben. Mein Vater kochte Kaffe, liess ihn reden und reagierte irgenwann nicht mehr. Das ist sechzehn Jahre her. Der Elektriker von gegenüber ist heute mittelstaendischer Unternehmer. Sein Firmensitz ist nur ein paar Minuten von unserer und seiner alten Wohnung entfernt. Er hat sich scheiden lassen und seine Familie verlassen.
Oft sehe ich noch die Dienstwagen seiner Elektrikerfirma an mir vorbeirollen. Immer beschleicht mich ein unangenehmes Gefühl und diese Erinnerungen werden wach.
Er hat nur seine Meinung gesagt. Sicher hat er Angst gehabt, wie viele. Angst vor Veraenderung, Verlust und Reformen. Wer hatte die nicht?
Ich frage mich, ob er nicht Nutzniesser derer ist, die sich damals, im Oktober 89, in der Hans-Beimler-Strasse von der kasernierten Volkspolizei haben vermöbeln lassen. Warum haette er auch nicht nach der Wende sein Glück versuchen sollen? Es könnte mir egal sein, doch die Bemerkungen von damals kann ich ihm schwer verzeihen, dem Herrn Nachbar, dem Elektriker von gegenüber.
Der Elektriker machte sich ans Werk, schraubte im Korridor rum und wetterte im aggressivsten Ton gegen die Demonstrierenden. Warum erzaehlte er uns das? Was wollte er uns klar machen? Wovor hatte er Angst? Mein Vater hielt dagegen. Ich hielt mich, wie anerzogen, zurück. Die Leute auf den Strassen waren keine Konterrevolutionaere. Die wollten auch keine Vereinigung mit der BRD. Die wollten eine neue, bessere DDR. Da war ich mir sicher. Der Elektriker hetzte weiter gegen die junge Opposition und gefiel sich gut in der Rolle. "Die müssen sich nicht wundern, wenn sie was drauf bekommen."
Ich konnte und wollte es nicht glauben. Mein Vater kochte Kaffe, liess ihn reden und reagierte irgenwann nicht mehr. Das ist sechzehn Jahre her. Der Elektriker von gegenüber ist heute mittelstaendischer Unternehmer. Sein Firmensitz ist nur ein paar Minuten von unserer und seiner alten Wohnung entfernt. Er hat sich scheiden lassen und seine Familie verlassen.
Oft sehe ich noch die Dienstwagen seiner Elektrikerfirma an mir vorbeirollen. Immer beschleicht mich ein unangenehmes Gefühl und diese Erinnerungen werden wach.
Er hat nur seine Meinung gesagt. Sicher hat er Angst gehabt, wie viele. Angst vor Veraenderung, Verlust und Reformen. Wer hatte die nicht?
Ich frage mich, ob er nicht Nutzniesser derer ist, die sich damals, im Oktober 89, in der Hans-Beimler-Strasse von der kasernierten Volkspolizei haben vermöbeln lassen. Warum haette er auch nicht nach der Wende sein Glück versuchen sollen? Es könnte mir egal sein, doch die Bemerkungen von damals kann ich ihm schwer verzeihen, dem Herrn Nachbar, dem Elektriker von gegenüber.
Mittwoch, November 09, 2005
Damals vor 16 Jahren
Günter Schabowski gab grad seine Preesekonferenz im Palast der Republik. Ich starrte gespannt auf den Fernseher. Das war irgendwann am Nachmittag. Meine Eltern waren in Aufbruchstimmung. Wir wollten nach Mecklenburg, was nur inoffiziell Mecklenburg hiess, zu einer silbernen Hochzeit. Kurz bevor der ehemalige Ober-FDJler, Agitator, Journalist und SED-Bezirkschef leicht verwirrt seinen historischen Satz sagte, fuhren wir gen Westen. Aber nur bis kurz vor die Elbe. Dann bekamen wir zwei Tage nichts mit. Ich stromerte in den guten Klamotten durch die Ludwigsluster Wälder, entdeckte alte Bunkeranlagen aus dem Zweiten Weltkrieg und liess mich vom Förster mit seinem DDR-Emblem an der Mütze verscheuchen.
Zehn Kilometer weiter, in Dömitz an der Elbe, klaffte seit Jahrzehnten eine Lücke. Am Fusse der Fritz-Reuter-Festung führte damals eine Brücke über grossen Fluss nach Niedersachsen. Für mich war es keine Lücke. Ich kannte es nicht anders. Ich hatte mal mit meinen Grosseltern den Grenzzaun besichtigt. Im Gegensatz zu Berlin konnte man hier viel besser in den Westen sehen.
Die Silberhochzeit war im vollen Gange. Es wurde Lambada getanzt. Alle waren im im Roxette und Elf99-Dirty Dancing Fieber. Als mir der Magen zu sehr drückte, schmuggelte ich mich wieder raus aus der silbernen Hochzeitsgesellschaft. Ich war 12 Jahre alt und ging in der Menge gut unter.
Ich schlich durch eine Sägewerk, durch die Ziegelei. Damals waren beide Fabriken noch in Betrieb. Hier wurde noch gesägt und gehämmert, noch. Eine orange Werkslok rollte auf mich zu. Ein Rangierer mit typischem DDR-Bauhelm und dreckiger organger Weste hing vorn an der Lok. Ich warf mich in die Büsche und fühlte mich wie Mac Gyver in persona. Kati Witt fand ich ja auch toll. Ich hatte sie mal bei einem Fackelaufmarsch in Leipzig im FDJ-Hemd eine Rede halten sehen.
Die Silberhochzeit wurde noch bis zum 11. November gefeiert. Beim Frühschoppen kamen zwei Bekannte in den Saal gesprungen. Ihre freudigen "Wir waren im Westen und sind zurückgekommen."-Rufe wollte keine richtig für voll nehmen. Sie prahlten mit ihren Stempeln im Personalausweis. Das war damals noch ein richtiges Büchlein. Ich habe nie einen gehabt. Ich war zu jung. So langsam, also 3 Tage verspätet kam die Nachricht bei uns an. Die Mauer stand noch, die Grenzüberg&228nge waren offen.
Was sollten wir davon halten? Am 12. November fuhren wir zurück nach Berlin. Uns kamen massig Autos entgegen. So unmotorisiert war der Osten nicht. Wir hatten unseren Sapo aus der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Hellblau, stylisch, störungsanfÄllig, aber leicht zu warten und superpeinlich.
Im Radio hörten wir, dass in der Eberswalder Strasse jetzt auch ein Grenzübergang sei. Meine Mutter juckte das wenig. Mein Vater und ich liefen nach unserer Ankunft hin. Das Warten in einer Endlosschlange vor einem W50 war das Spannenste. Nein, noch spannender war der Schritt ins Niemandsland, jetzt ausgeleuchtet mit Flutlichtscheinwerfern. Es ging viel zu schnell.
Der Westen war ernüchternd. Plattenbauten wie im Ernst-Th#228lmannpark, der ranzige Wedding marschierte nicht mehr, war aber eine sozial schwache Gegend geblieben. Wir liefen vor bis zur Voltastrasse und Nixdorf, fuhren ein bisschen U-Bahn und kamen enttäuscht wieder in den guten alten Prenzlauer Berg zurück.
Die Mauer war gefallen. Für viele brach eine Welt zusammen, für mich war es das Aufstossen eines Tores in eine neue Lebensetappe. Bewusst war mir das nicht, auch wenn mir klar war, dass ich grad ein Stück Geschichte miterlebe.
Zehn Kilometer weiter, in Dömitz an der Elbe, klaffte seit Jahrzehnten eine Lücke. Am Fusse der Fritz-Reuter-Festung führte damals eine Brücke über grossen Fluss nach Niedersachsen. Für mich war es keine Lücke. Ich kannte es nicht anders. Ich hatte mal mit meinen Grosseltern den Grenzzaun besichtigt. Im Gegensatz zu Berlin konnte man hier viel besser in den Westen sehen.
Die Silberhochzeit war im vollen Gange. Es wurde Lambada getanzt. Alle waren im im Roxette und Elf99-Dirty Dancing Fieber. Als mir der Magen zu sehr drückte, schmuggelte ich mich wieder raus aus der silbernen Hochzeitsgesellschaft. Ich war 12 Jahre alt und ging in der Menge gut unter.
Ich schlich durch eine Sägewerk, durch die Ziegelei. Damals waren beide Fabriken noch in Betrieb. Hier wurde noch gesägt und gehämmert, noch. Eine orange Werkslok rollte auf mich zu. Ein Rangierer mit typischem DDR-Bauhelm und dreckiger organger Weste hing vorn an der Lok. Ich warf mich in die Büsche und fühlte mich wie Mac Gyver in persona. Kati Witt fand ich ja auch toll. Ich hatte sie mal bei einem Fackelaufmarsch in Leipzig im FDJ-Hemd eine Rede halten sehen.
Die Silberhochzeit wurde noch bis zum 11. November gefeiert. Beim Frühschoppen kamen zwei Bekannte in den Saal gesprungen. Ihre freudigen "Wir waren im Westen und sind zurückgekommen."-Rufe wollte keine richtig für voll nehmen. Sie prahlten mit ihren Stempeln im Personalausweis. Das war damals noch ein richtiges Büchlein. Ich habe nie einen gehabt. Ich war zu jung. So langsam, also 3 Tage verspätet kam die Nachricht bei uns an. Die Mauer stand noch, die Grenzüberg&228nge waren offen.
Was sollten wir davon halten? Am 12. November fuhren wir zurück nach Berlin. Uns kamen massig Autos entgegen. So unmotorisiert war der Osten nicht. Wir hatten unseren Sapo aus der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Hellblau, stylisch, störungsanfÄllig, aber leicht zu warten und superpeinlich.
Im Radio hörten wir, dass in der Eberswalder Strasse jetzt auch ein Grenzübergang sei. Meine Mutter juckte das wenig. Mein Vater und ich liefen nach unserer Ankunft hin. Das Warten in einer Endlosschlange vor einem W50 war das Spannenste. Nein, noch spannender war der Schritt ins Niemandsland, jetzt ausgeleuchtet mit Flutlichtscheinwerfern. Es ging viel zu schnell.
Der Westen war ernüchternd. Plattenbauten wie im Ernst-Th#228lmannpark, der ranzige Wedding marschierte nicht mehr, war aber eine sozial schwache Gegend geblieben. Wir liefen vor bis zur Voltastrasse und Nixdorf, fuhren ein bisschen U-Bahn und kamen enttäuscht wieder in den guten alten Prenzlauer Berg zurück.
Die Mauer war gefallen. Für viele brach eine Welt zusammen, für mich war es das Aufstossen eines Tores in eine neue Lebensetappe. Bewusst war mir das nicht, auch wenn mir klar war, dass ich grad ein Stück Geschichte miterlebe.
Dienstag, November 08, 2005
Wenn die Technik versagt...
hilft nur Geduld und Spucke.
Jetzt läuft wieder alles dufte und nach Plan. Content Management Systeme sind doch nicht immer das Wahre.
Jetzt läuft wieder alles dufte und nach Plan. Content Management Systeme sind doch nicht immer das Wahre.
Sonntag, November 06, 2005
Es hat sich ausgereggelt
Niederlage für die Axel Springer AG in Ungarn: Erst vor einem Jahr startete der Verlag in Ungarn die Tageszeitung Reggel. Die Auflage war zu schwach, also wurde das Blatt wieder vom Markt genommen.
Donnerstag, November 03, 2005
Gummigeschosse in Clichy-sous-bois
Riots in Frankreich. In den Mainstreammedien wurde in den letzten Tagen davon berichtet. Ein tödlicher Unfall soll Auslöser der Ausschreitungen gewesen sein. Die Hintergründe bleiben in deutschen Medien eher schwach beleuchtet.
Wie die Pariser Polizei mit Gummigeschossen gegen Jugendliche in Pariser Vororten vorgeht, sieht man hier. Einen ins Deutsche überstetzten Artikel dazu von Afrik.com gibt es hier.
Mittwoch, November 02, 2005
Juhu, darauf haben wir so lang gewartet
Endlich ist es so weit. Englands Polizei wird zur Zensurbehörde und der Terrorismusbegriff wird ausgeweitet. Hoffentlich finden sich auch in Deutschland bald fleissige Nachahmerinnen und Nachahmer. Artikel bei heise.de
Dienstag, November 01, 2005
Musizieren mit Fenstern
Ich habe wirklich viele Bekannte, die am Rechner Musik machen. Fast alle schwören auf Windows als das Betriebssystem für Audioproduktionen am PC. Ich konnte das nie so richtig nachvollziehen, bis ich heute auf eine Seite stiess, die mich schnell vom Gegenteil überzeugte. Seht und urteilt selbst hier!
Keine Frage des Geldes
Invesitigativer Journalismus ist keine Frage des Geldes. Es gibt viele Beispiele kleiner Medien und Einzelpersonen in Deutschland und weltweit, die guten und kritischen Journalismus betreiben.
Investigativer Journalismus ist eine von Leidenschaft geprägte Eigenschaft von Reporterinnen und Reportern.
Die Kunst des Enthüllens will gelernt und auch von der Gesellschaft gewünscht sein. In Schweden, Norwegen, Finnland und Dänemark hat diese Form von Berichterstattung seit mehr als 20 Jahren Tradition. Je mehr man den Blick gen Osten schweifen lässt, desto geringer ist das Interesse an investigativen Themen.
In Russland hat es seit der Perestroika stark nachgelassen. In Deutschland spielen nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Die Anzeigenkunden sitzen einem im Nacken. (bekanntester Fall: Lufthansa und Süddeutsche Zeitung).
In Deutschland wird bei vielen Medien die langfristige Grundlagenrecherche vernachlässigt, obwohl sie über kurz oder lang ein Pluspunkt für die einzelnen Blätter, Websites und Stationen darstellen könnten. Die weltweite Vernetzung von professionellen Journalistinnen und Journalisten ist noch nicht sonderlich stark entwickelt. Unabhängige Mediennetzwerke von Grassroots-Journalistinnen und Journalisten wie Indymedia, ZNet oder Wikinews sind ihnen seit langer Zeit um Meilen voraus.
Investigativer Journalismus ist eine von Leidenschaft geprägte Eigenschaft von Reporterinnen und Reportern.
Die Kunst des Enthüllens will gelernt und auch von der Gesellschaft gewünscht sein. In Schweden, Norwegen, Finnland und Dänemark hat diese Form von Berichterstattung seit mehr als 20 Jahren Tradition. Je mehr man den Blick gen Osten schweifen lässt, desto geringer ist das Interesse an investigativen Themen.
In Russland hat es seit der Perestroika stark nachgelassen. In Deutschland spielen nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Die Anzeigenkunden sitzen einem im Nacken. (bekanntester Fall: Lufthansa und Süddeutsche Zeitung).
In Deutschland wird bei vielen Medien die langfristige Grundlagenrecherche vernachlässigt, obwohl sie über kurz oder lang ein Pluspunkt für die einzelnen Blätter, Websites und Stationen darstellen könnten. Die weltweite Vernetzung von professionellen Journalistinnen und Journalisten ist noch nicht sonderlich stark entwickelt. Unabhängige Mediennetzwerke von Grassroots-Journalistinnen und Journalisten wie Indymedia, ZNet oder Wikinews sind ihnen seit langer Zeit um Meilen voraus.
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