Dienstag, April 29, 2008

Alle Ergebnisse zum Tempelhof-Entscheid in P-Berg

Ja
Nein
Ungültig
Ja %
Nein %
Ung %


Abendgymnasium, Pasteurstr. 7 - 11, Nr. 913

90
227
1


28,3
71,4
0,3

Abendgymnasium, Pasteurstr. 7 - 11, Nr. 917

160
385
2


29,3
70,4
0,4

Bezirksamt, Haus 6, Fröbelstr. 17, Nr. 616

80
245
1

24,5
75,2
0,3

Bezirksamt, Haus 6, Fröbelstr. 17, Nr. 617

136
277
5

32,5
66,3
1,2

Bornholmer GS, Speiseraum, Ibsenstr. 17, Nr. 601

86
224
0

27,7
72,3
0

Brotfabrik, Caligariplatz 0, Nr. 701

109
132
1


45
54,5
0,4

Carl-Humann-GS, R. 011, Scherenbergstr. 7, Nr. 709

154
291
2

34,5
65,1
0,4

Carl-Humann-GS, R. 012, Scherenbergstr. 7, Nr. 710


135
353
1

27,6
72,2
0,2

Carl-Humann-GS, R. 013, Scherenbergstr. 7, Nr. 711


50
138
1

26,5
73
0,5

Carl-von-Ossietzky-Gymnasium, Görschstr. 42 - 44, Nr. 317

178
433
1

29,1
70,8
0,2

Freie Evang. Schule, Christburger Str. 14, Nr. 808

95
286
3

24,7
74,5
0,8

GS am Kollwitzplatz, Knaackstr. 67, Nr. 803


80
152
2

34,2
65
0,9

GS am Kollwitzplatz, Knaackstr. 67, Nr. 806

106
186
2

36,1
63,3
0,7

GS am Planetarium, Ella-Kay-Str. 47, Nr. 801

137
242
1

36,1
63,7
0,3

GS am Teutoburger Platz, Templiner Str. 3, Nr. 816


127
344
2

26,8
72,7
0,4

GS an der Marie, Christburger Str. 7, Nr. 809

171
325
4


34,2
65
0,8

Gustave-Eiffel-Schule, Hanns-Eisler-Str. 78 - 80, Nr. 907


170
279
2

37,7
61,9
0,4


Heinrich-Roller-GS, Heinrich-Roller-Str. 18, Nr. 814


166
380
0

30,4
69,6
0


Heinrich-Schliemann-OS, Dunckerstr. 64, Nr. 612


114
263
1

30,2
69,6
0,3


Heinrich-Schliemann-OS, Dunckerstr. 64, Nr. 713


84
164
2

33,6
65,6
0,8


Homer-GS, Pasteurstr. 10 - 12, Nr. 914


113
184
0

38
62
0

Karl-Friedrich-Schinkel-OS, Erich-Weinert-Str. 70, Nr. 708


94
168
0

35,9
64,1
0

Karl-Friedrich-Schinkel-OS, Erich-Weinert-Str. 70, Nr. 712


182
364
2

33,2
66,4
0,4

Käthe-Kollwitz-OS, Dunckerstr. 65 - 66, Nr. 615


88
277
1

24
75,7
0,3

Käthe-Kollwitz-OS, Dunckerstr. 65 - 66, Nr. 618


95
286
0

24,9
75,1
0

Kinder- und Jugendhaus, Saarbrücker Str. 23, Nr. 815


70
177
0

28,3
71,7
0

Kinder- und Jugendhaus, Saarbrücker Str. 23, Nr. 817


72
157
0

31,4
68,6
0

Kita Pinocchio, Belforter Str. 11, Nr. 812


96
225
5

29,4
69
1,5

Kita Schwalbennest, Diesterwegstr. 10, Nr. 804


142
350
2

28,7
70,9
0,4

Kita Zwergenhausen, Jablonskistr. 33, Nr. 807


133
430
0

23,6
76,4
0


Kita, Schivelbeiner Str. 12, Nr. 605


107
330
0

24,5
75,5
0

Kita, Schivelbeiner Str. 12, Nr. 606


162
425
2

27,5
72,2
0,3

Kurt-Schwitters-OS, Greifswalder Str. 25, Nr. 915


166
354
1

31,9
67,9
0,2


OSZ Bürowirtschaft, Pappelallee 30 - 31, Nr. 614


63
115
2

35
63,9
1,1

OSZ Bürowirtschaft, Pappelallee 30 - 31, Nr. 619


122
229
1


34,7
65,1
0,3

Paul-Linke-GS, Pieskower Weg 39, Nr. 906


167
315
1

34,6
65,2
0,2

Paul-Linke-GS, Pieskower Weg 39, Nr. 908


39
88
0

30,7
69,3
0


Schule am Senefelderplatz, Schönhauser Allee, Nr. 802


71
181
1

28,1
71,5
0,4

Schule am Senefelderplatz, Schönhauser Allee, Nr. 810


156
328
0

32,2
67,8
0

Schule am Senefelderplatz, Schönhauser Allee, Nr. 811


84
185
0

31,2
68,8
0

Seniorenbegegnung, Paul-Robeson-Str. 15, Nr. 603


84
207
1

28,8
70,9
0,3

Seniorenbegegnung, Paul-Robeson-Str. 15, Nr. 604


175
395
0

30,7
69,3
0

Seniorenbegegnungsstätte, Grellstr. 14, Nr. 714

64
151
1

29,6
69,9
0,5

Seniorenbegegnungstätte, Husemannstr. 12, Nr. 805


78
161
0

32,6
67,4
0

Seniorenbegegnunsstätte, Am Friedrichshain 15, Nr. 916


110
258
3

29,6
69,5
0,8

Seniorenstiftung, Gürtelstr. 32, Nr. 905


103
210
1


32,8
66,9
0,3

Seniorenstiftung, Gürtelstr. 32a, Nr. 904


38
98
0

27,9
72,1
0

Seniorenstiftung, Stavanger Str. 26, Nr. 602


69
155
2

30,5
68,6
0,9

Staatl. Ballettschule, Erich-Weinert-Str. 103, Nr. 707


92
160
1

36,4
63,2
0,4

Staatl. Ballettschule, Erich-Weinert-Str. 103, Nr. 715


99
224
1

30,6
69,1
0,3

Tesla-OS, Rudi-Arndt-Str. 18, Nr. 918


137
284
1

32,5
67,3
0,2

Tesla-OS, Rudi-Arndt-Str. 18, Nr. 919


93
219
1

29,7
70
0,3

Thomas-Mann-GS, Greifenhagener Str. 58, Nr. 609


109
289
0

27,4
72,6
0

Thomas-Mann-GS, Greifenhagener Str. 58, Nr. 611


144
305
1

32
67,8
0,2

Volkshochschule, Prenzlauer Allee 227 - 228, Nr. 813


76
156
1

32,6
67
0,4

Briefwahl


6612
11960
114

35,4
64
0,6

Bezirk Gesamt

26905
51989
245

34
65,7
0,3

Braucht P-Berg noch ein Krankenhaus?

Der Klinikkonzern will seine Standorte neu konzipieren. Wegen hoher Kosten fiel der Gewinn 2007 geringer aus. Nun steht Berlins fünftgrößtem Arbeitgeber ein turbulentes Jahr ins Haus.

Für den fünftgrößten Arbeitgeber in Berlin steht ein turbulentes Jahr an: Der Konzern, der zum Ende des Jahres das Krankenhaus Prenzlauer Berg in ein ambulantes Ärztezentrum umwandeln möchte, plant noch weitere Umstrukturierungen. So sollen alle genutzten Gebäude – von denen laut Geschäftsführer Joachim Bovelet 80 Prozent denkmalgeschützt seien – „in vernünftiger Weise umgebaut werden“. Nicht jedes Zimmer habe ein Badezimmer, die Stationen seien viel zu groß und dadurch wirtschaftlich nicht tragbar. Pflegerisch könnten sie aber mit privaten Häusern sehr gut mithalten.

Vivantes machte im Jahr 2007 ein Plus von 2,1 Millionen Euro – das sind fünf Millionen weniger als im Vorjahr. Zurückzuführen sei dies auf die erhöhte Mehrwertsteuer, gestiegene Energiekosten, den Solidaritätsbeitrag für die gesetzlichen Krankenkassen und Sanierungskosten sowie hohe Nachzahlungen. „ Nur durch enorme Einsparungen konnten wir diesen Gewinn erzielen“, sagte Bovelet am Montag bei der Vorstellung der Jahresbilanz. Um den sogenannten Masterplan, der bis 2015 umgesetzt werden soll, zu verwirklichen, hatte der Konzern 80 Millionen Euro Fördergelder beim Senat beantragt. 37,5 Millionen seien „nun im Gespräch“, sagte Bovelet.

Vivantes wolle sich ab 2009 für seine Mitarbeiter an dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes orientieren. Seit 2004 werden die Beschäftigten nach dem Notfallplan „Tarifvertrag Sicherung Vivantes“ bezahlt, der damals eingerichtet wurde, um Schließungen zu vermeiden. Der Tarifvertrag läuft Ende des Jahres aus. Er beinhaltet den Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie auf Lohnerhöhungen. Die Tarifpolitik sei ein Problem, weil den Kliniken durch die Budgets keine finanziellen Spielräume blieben. „Im Mai wird es erste Gespräche mit den Gewerkschaften Verdi und Marburger Bund geben“, gab Bovelet bekannt. Die Streiks der Ärzte und die daraufhin erlangten Gehaltszulagen stellten starke Belastungen für das Unternehmen dar, sagte der Vivantes-Chef.

Zu Spekulationen über die Schließung des Wenckebach-Klinikums in Tempelhof wollte sich die Geschäftsführung nicht äußern. Vivantes beschäftigt 10 000 Menschen als Vollzeitkräfte; hinzu kommen noch rund 3000, die in verschiedenen Teilzeitmodellen arbeiten. Die Personalkosten machen 70 Prozent der Klinikausgaben aus.

Die umstrittene Schließung der Klinik Prenzlauer Berg stehe fest, sagte Bovelet. Die starke Konkurrenz von Ärztezentren und -praxen in dem Stadtteil sei „eine ernst zu nehmende Konkurrenz“, gab Bovelet zu. Er stellte aber in Aussicht, dass sich das neue Vivantes-Ärztezentrum dort auf Kinder-und Jugendpsychiatrie konzentrieren wolle. Liva Haensel

(Liva Haensel, Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 29.04.2008)

Ich kenne keinen Ludwig Trepte, aber er spazierte neulich durchs Bötzowviertel, mit der Welt

Er ist erst 19 Jahre alt und schon Grimme-Preisträger und Gewinner der Goldenen Kamera als bester Nachwuchsschauspieler. Unterwegs mit Ludwig Trepte in Prenzlauer Berg. In seinem Viertel, das für ihn das Mystische verloren hat

Ludwig Trepte überlegt lange, bevor er eine Antwort gibt. Er ringt mit sich. Nicht, dass er nicht weiß, was er sagen soll, nein, er sucht nach den Worten, die am treffendsten beschreiben, was er denkt. Und Ludwig Trepte denkt viel, er macht sich Gedanken über Waisenkinder in Peru, über die Figuren, die er als Schauspieler verkörpern soll sowieso, über Talent, Besitz, Verlust. Während andere 19-Jährige vielleicht versuchen, bei möglichst vielen Mädchen zu landen, sagt Ludwig Trepte Dinge wie "Liebe ist unausweichlich". Er meint das ernst.

Treffpunkt ist die Hufelandstraße in Prenzlauer Berg. Der Bötzowkiez, bei starkem Wind heute und Sonnenschein. Ludwig Trepte ist hier aufgewachsen.

Ludwig Trepte - vielleicht kennt nicht jeder seinen Namen, aber dieses Gesicht, ausdrucksstark, mit ernsten, braunen Augen, interessiert, erwachsen, trotzdem neugierig, verschmitzt, das kennt man. Von der Kinoleinwand, aus dem Fernsehen, dem Tatort "Schatten der Angst" zum Beispiel, der im türkischstämmigen Milieu in Ludwigshafen spielte und dessen Ausstrahlung wegen der Brandkatastrophe in einem Ludwigshafener Wohnhaus, bei dem neun Türken ums Leben kamen, um acht Wochen auf Anfang April verschoben wurde. Ludwig Trepte, 1,69 Meter groß, braune Locken bis über die Ohren, Lederjacke, Jeans. Eine Zigarette rauchend steht er da, zehn Minuten vor der verabredeten Zeit.

Seine Eltern, die Mutter eine Ergotherapeutin, der Vater, Stefan Trepte, ein bekannter Musiker in der DDR-Rockszene, hatten eine Wohnung nicht weit vom Treffpunkt, in der Pasteurstraße, einer Parallelstraße der Hufelandstraße. Bis sich die Eltern trennten, das war, als Ludwig Trepte fünf Jahre alt war, lebten sie hier zu dritt zusammen, danach weiter zu zweit.

Er kennt jede Ecke zwischen Volkspark Friedrichshain und Greifswalder Straße. Bilder kommen in ihm hoch, als wir in die Esmarchstraße einbiegen, Kindheitserinnerungen. Hier ist seine Grundschule, hier wohnten seine Freunde, hier war sein Kiez. Das Straßenbild habe sich stark verändert, sagt Ludwig Trepte.

An den Mauerfall kann er sich natürlich nicht erinnern, er war zu jung, aber an die alten Häuser, die schmutzig grauen und die braunen bröckelnden Fassaden im Oststadtteil Prenzlauer Berg. Jetzt: überall Baustellen, Gerüste. Die meisten Häuser strahlen in frischen Pastellfarben, unsanierter Baubestand ist kaum noch zu sehen. Ludwig Trepte bedauert das. "Das Rustikale, das Mystische verschwindet", sagt er. Er mochte das, rustikal und mystisch. Scheinbare Gegensätze, aber nur auf den ersten Blick. Straßenzüge, die etwas erzählen. Ein altes Haus mit unsanierter Fassade fällt ihm ein, das Foto will er unbedingt vor eben diesem Haus machen.

An der Ecke Esmarch-/Liselotte-Herrmann-Straße bleiben wir stehen. Das "Esmarch-Eck" hat noch geschlossen, es ist früher Vormittag. Draußen wirbt eine Tafel mit der "Lady's Night, jeden Donnerstag!". "Hat was von einer Stampe", sagt Ludwig Trepte und zündet sich eine weitere Zigarette an. Stampe, damit meint er so etwas wie Spelunke, eine urige Eckkneipe mit vielen Stammgästen und kaum Laufkundschaft. "So eine Bar, in der ein Detlef und ein Harald am Tresen sitzen, Abend für Abend."

Er meint sich zu erinnern, dass "Der Rote Kakadu" hier gedreht wurde, ein DDR-Liebesdrama mit Jessica Schwarz, Max Riemelt und Ronald Zehrfeld in Hauptrollen. Ludwig Trepte war damals, 2004, nicht dabei. "Leider", sagt er.

Er hätte dabei sein können, er wusste schon früh, dass er es ernst meint, mit der Schauspielerei. Im Alter von zwölf Jahren spielte Ludwig Trepte im "Tatort" mit, "Bienzle und der heimliche Zeuge". Um ungehindert drehen zu dürfen, verließ er das Gymnasium, mit 16 machte er seinen Realschulabschluss und ließ die Schule bleiben. Seither hat er jedes Jahr mehrere Filme gedreht, insgesamt sind es jetzt 20. Am kommenden Mittwoch startet sein neuester Film "1. Mai - Helden bei der Arbeit" in den Kinos. Er nimmt privaten Schauspielunterricht, er sagt: "Ich halte nichts von Naturtalent."

Den Beruf ernst nehmen, das bedeutet für Ludwig Trepte: Mit seiner Lehrerin Sigrid Andersson Drehbücher durchgehen, Szenen proben, die Rolle kennenlernen, unermüdlich ist er da. "Zuerst liest man das Drehbuch, liest das Drehbuch, liest das Drehbuch - immer und immer wieder." Um ein Gefühl für die Figur zu bekommen, die er spielen soll, zu verstehen, wie sie tickt. "Das Drehbuch ist das Skelett, man selbst gestaltet das Fleisch, den Charakter", sagt er. Inspiration findet er auf Spaziergängen, in der Natur, aber auch unter Menschen, auf der Straße. "Schauspielerei hat viel mit Beobachten zu tun, es ist wichtig, mit offenen Augen durch das Leben zu gehen, neugierig zu sein." Um sich in eine Figur hineinzuversetzen, brauche er "manchmal nur eine Unterhose". Ein Kleidungsstück, um die Rolle zu verinnerlichen. "Dann wieder wühlt man tage- und nächtelang, bis irgendwann endlich das richtige Gefühl da ist." Er liest und fühlt und erneuert sich ständig. Stehen bleiben, das wäre für Ludwig Trepte wohl der Anfang vom Ende.

Wir gehen die Liselotte-Herrmann-Straße entlang in Richtung Friedrichshain. Er halte es mit Sokrates, sagt er: "Wer glaubt, etwas zu sein, hat aufgehört, etwas zu werden." Dabei ist dieser 19-Jährige, der viel älter wirkt als Altersgenossen, schon so vieles: Ausgezeichnet mit der Goldenen Kamera als bester Nachwuchsschauspieler, Adolf-Grimme-Preisträger (für "Guten Morgen, Herr Grothe"), Max-Ophüls-Preisträger (für seine Rolle in "Keller - Teenage Wasteland"). Trotzdem: Bloß nicht ausruhen. "Ausruhen heißt stehen bleiben", sagt er. Ludwig Trepte will lernen, und zwar von den Besten.

Mit Henry Hübchen drehte er ("ein unglaublich präziser Perfektionist"), mit Ulrich Mühe ("der pausenlos gearbeitet hat"), mit Götz George ("sehr introvertiert, sehr zurückgezogen, immer perfekt vorbereitet"). Und von allen nahm er etwas mit, lernte von ihnen. Die Leidenschaft, die Intensität, die Unermüdlichkeit - das alles steckt in ihm. Bei der Arbeit findet er Gleichgesinnte.

In einem der vielen Interviews kurz nach der Verleihung der Goldenen Kamera sagte er, die Anfragen von Journalisten würden mehr, doch an Rollenangeboten käme "genauso viel Mist wie vorher". Ja, der Mist, sagt er nun und überlegt lange, die inzwischen vierte Zigarette im Mundwinkel, mit "Mist" habe er Dinge gemeint, die ihn nicht weiterbringen - "momentan". "Ich bin natürlich gerade in einer Situation, in der ich zeigen muss, warum ich diese Auszeichnungen bekommen habe", sagt er und raucht. "Auch mir selbst."

Das Problem seiner Branche sei, sagt er, dass es "unglaublich viele Schauspieler und wenig gute Rollen" gebe. "Das muss schon ein großer Traum sein." Der Traum von Ludwig Trepte, ein guter Schauspieler zu sein, ist groß. Groß genug, um das alles, den Konkurrenzdruck, den Neid, die Kritik, auszuhalten. Sich weiterzuentwickeln. Nie stehen zu bleiben.

Entlang der Westseite des Parks spazieren wir in Richtung St. Bartholomäus-Kirche die Straße Am Friedrichshain herunter. Ludwig Trepte fingert die fünfte Zigarette aus der Schachtel. Hier, zwischen Häuserfronten auf der einen und Bäumen auf der anderen Seite, weht der Wind besonders stark. Die Glut frisst sich durch das Zigarettenpapier. Ludwig Trepte raucht in kurzen Zügen. "Ich bin auf der Suche nach dem, was ich wirklich will", sagt er plötzlich. "Ich meine, was mich treibt, wer ich bin", sagt er und holt gleich die nächste Zigarette hervor. "Ich gerate immer wieder ins Strudeln."

Er meint nicht so ein gefährliches, lebensbedrohendes Strudeln. Es könne auch etwas Gutes sein, sich neu zu entdecken, sich neu zu erfinden. Findet er. "Das ist wichtig für diesen Beruf." Halt in diesem ewigen Strudel gebe ihm die Liebe. Auch so ein Thema.

Intensiv lebt er auch sie. Während der Dreharbeiten zum Film "Ein Teil von mir", in dem er mit Karoline Teska ein jugendliches Paar spielte, verliebten sich die beiden Hauptdarsteller ineinander. Er sagt: "Karoline ist die Liebe meines Lebens." Eine junge Schauspielerin, die privat niemandem etwas vorspiele. Er überlegt kurz, "sie ist wahrhaftig", sagt er dann.

Die beiden wohnen in einer Altbauwohnung ganz in der Nähe, im Kollwitzkiez. "Liebe ist plötzlich da", sagt Ludwig Trepte, seine dunklen Augen strahlen. "Sie trifft einen, wenn man sie nicht erwartet, und dann ist es wie eine Explosion." Und man selbst, mittendrin, könne nichts mehr dagegen tun. Liebe eben, unausweichlich.

(lokale Kopie; Welt am Sonntag)

P-Berg Actor

Seit 20 Jahren lebt Schauspielerin Dana Golombek, gebürtige Brandenburgerin, in Berlin. Sie ist kreuz und quer durch die Stadt gezogen. Mittlerweile wohnt Dana Golombek zwischen Wasserturm, Kollwitzplatz und Bötzowviertel. Der Wasserturm, 1877 erbaut, ist das Wahrzeichen von Prenzlauer Berg. Dana genießt die angenehme Atmosphäre auf der grünen Plattform ringsum den „dicken Herrmann“, Berlins ältesten Wasserturm. Einfach hinsetzen und gemütlich ein Buch lesen. Nur empfehlen kann die Schaupielerin einen „Sundowner“ mit dem Liebsten. Der Ausblick auf die vielen schönen Bars, Cafés und Straßen zum Flanieren ist großartig. „Man fühlt sich hier oben ein bisschen über Allem.“

Dana stört die selbstgefällige Ignoranz einiger hinzugezogener Bewohner von Prenzlauer Berg. Die Schauspielerin vermisst die Freundlichkeit beim gemeinsamen Umgang miteinander. „Alle haben Kinder, trotzdem guckt jeder nur auf sich.“ Dadurch geht das kaputt, was Prenzlauer Berg so sympathisch gemacht hat. In den Neunzigern belebten Künstler und Filmschaffende die Gegend, heute sind es die Anwälte und Architekten der Filmschaffenden, die in den sanierten Altbau ziehen. Die stetig gestiegenen Kosten haben eine Verlagerung der Kreativenszene nach Friedrichshain zur Folge - der Zauber schwindet.

Weiter zum Artikel von Sophie Guggenberger

Tagesspiegel vom 29.04.2008

Sonntag, April 27, 2008

In letzter Sekunde abgestimmt

Jetzt ist der Volksentscheid über die Zukunft des Berliner Flughafens Tempelhof endlich beendet.
Die Abstimmungslokale schlossen um 18.00 Uhr. In letzter Sekunde bin ich noch in mein Abstimmungslokal gerannt. Keine Ahnung, ob es was gebracht hat. Das Endergebnis soll nach Angaben der Landes-Abstimmungsleiters Schmidt von Puskás gegen 23.00 Uhr bekannt gegeben werden.
Die Beteiligung war wohl eher mäßig. Bis 16.00 hatten laut Abstimmungsleitung 28,3 Prozent der Berechtigten ihr Votum abgegeben, das sind fast 20 Prozent weniger als bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus 2006. Mal sehen, was rauskommt.
Damit der Antrag auf Weiterbetrieb angenommen wird, müssen etwa 610-tausend Berliner mit Ja stimmen. Das Ergebnis ist jedoch rechtlich nicht bindend.

Samstag, April 26, 2008

Rechtsruck in Berlin und Brandenburg

Die Polizei hat zwei 23 und 25 Jahre alte Männer festgenommen, die am Dienstagabend im Mauerpark in Berlin- Prenzlauer Berg mit Naziparolen Passanten beschimpft hatten. Ein Dritter entkam laut Polieziangaben. Jetzt wird wegen Volksverhetzung gegen sie ermittelt. Nicht nur P-Berg versumpft immer mehr rechts. Eine 27-jährige Chinesin wurde auf dem S-Bahnhof in Schöneberg fremdenfeindlich beleidigt. Ein Fahrgast stieß sie zur Seite, als sie am Dienstagabend in einen Zug steigen wollte, und beschimpfte sie.

In Brandenburg sieht es genau so ekelig aus. Ein Blick nach Bad Freienwalde:
Seit einiger Zeit werden Neonazis dort immer aktiver. Am 1. März 2008 veranstaltete die Kameradschaft Märkisch Oder Barnim (KMOB) im Wriezener Amtsaal ein Treffen.
Als das Bündnis gegen Antisemitismus am 18. April eine Gedenkkundgebung für die jüdischen Opfer des Antisemitismus veranstaltete, kamen etwa 15 Rechte, um dort zu provozieren.

Berlin Crime

Nachdem wir hier bereits eine Liste mit No-Go-Areas hatten, gibt es seit März einen von der Polizei erstellten Bericht zur Kriminalitätsbelastung in öffentlichen Räumen (PDF).

Erstaunliches Ergebnis: Verteilt auf die Bezirke gibt es – bezogen auf die Anzahl der Straftaten – die höchste Kriminalitätsrate im Bezirk Mitte, gefolgt von Friedrichshain/Kreuzberg und Charlottenburg/Wilmersdorf.

Wohlgemerkt, es handelt sich um gemeldete Straftaten und um Straftaten im öffentlichen Raum. Warum man man wohl die Straftaten in geschlossenen Räumen unerwähnt lässt?

Mittwoch, April 23, 2008

Die Angeber-Brille Ray Ban

Nicht, dass ich etwas gegen die Sonne hätte. Im Gegenteil. Ich mag sie. Mein Problem ist der Prenzlauer Berg. Dorthin hatte ich mich vor zwei Jahren verirrt. Es war ein erster strahlender April-Nachmittag, das helle Licht fiel in meine Augen, also setzte ich meine Sonnenbrille auf.

So sah ich den ersten Prenzlauer-Berg-Praktikanten an mir vorüber hasten, als hätte er heute noch etwas vor. Was mich erstaunte? Er trug die gleiche Sonnenbrille wie ich. Zufall, dachte ich. Bis mich ein Mädchen mit ihrem Fahrrad um ein Haar über den Haufen fuhr, auf dem Bürgersteig, versteht sich. Auch sie trug meine Brille. Und so ging das in einen fort. Immer wenn ich glaubte, der Spuk sei vorüber, schob sich der nächste Teenager ins Bild, eine Ray Ban Aviator auf der Nase.

Sie wissen schon, das ist diese Angeber-Brille, die früher einmal amerikanische Piloten in ihren Starfighter trugen. Die Gläser kleben wie schiefe Tropfen vor den Augen, ein gold-glänzendes Metallgestell rundet den Machoauftritt ab.

Ich trage eine Ray Ban Aviator seit ich 18 bin. Derzeit trage ich sie allerdings in meiner Tasche. Denn ich will nicht für Rolf Eden gehalten werden, für einen alten Sack, der sich an die Jugend ran schmeißt. Genau so schauen einen die Prenzlauer-Berg-Praktikanten an, die meine Brille für ihre Erfindung halten.


Ich wollte denn auch gleich ein T-Shirt drucken. Da sollte drauf stehen: "Ich habe schon eine Aviator getragen, da trug eure Mutter noch einen Zahnspange". Ich habe das dann gelassen, weil ich glaubte, die Mode geht auch wieder vorbei. Geht sie nicht. Kürzlich habe ich wieder eine Aviator gesehen. In Steglitz. Ein Sparkassen-Lehrling hatte sie sich in seine Locken gesteckt. So ging er zu Starbucks rüber. Vor der Tür kreuzten sich unsere Wege. Der Sparkassen-Junge schaute mich voller Verachtung an.

Thomas Hollmann, Inforadio

Umntzung: Ehemalige SED-Zentrale wird exklusiver Club

Berlin wird um ein Stück mondäner Clubkultur reicher. Das Soho House Berlin entsteht an der Torstraße 1 in Prenzlauer Berg, an einer der prominentesten und geschichtsträchtigsten Ecken der Stadt. Das Haus ist alt, doch das Konzept ist modern. Und die Arbeiten haben bereits begonnen.

Hinter der ehrwürdigen Fassade des einstigen Kreditwarenhauses Jonass werden Suiten, Apartements, Restaurants, eine Bibliothek, Geschäfte und eine Galerie eingerichtet. Vom Schwimmbecken auf der Dachterrasse genießt man in 30 Meter Höhe den Blick auf den Alexanderplatz. Im Keller findet der Gast Fitnessräume und ein Kino vor. Das Haus wird ein Treff für Menschen aus der Medien-, Kunst- und Filmbranche, steht aber zu großen Teil auch denen offen, die nicht Club-Mitglied sind.

Soho House Clubs gibt es in London, Somerset, Chiswick, New York, Los Angeles und Hong Kong. 1995 gründete Nick Jones den ersten der exklusiven Treffs für die Kreativen. Sie bieten Loungemusic, Previews der neuesten Filme in clubeigenen Kinos, moderne Räume für private und geschäftliche Veranstaltungen, Kinderbetreuung und die clubeigene Kosmetiksalonkette „Cowshed“. Soho House hat weltweit mehr als 14.000 Club-Mitglieder, deren Durchschnittsalter soll bei 33 Jahre liegen. „Die Clubs sind immer in Häusern eingerichtet, die unter Denkmalschutz stehen oder eine ganz besondere Geschichte haben“, sagt Architekt Gunter P. J. Bürk vom Büro J.S.K Siat International Architekten und Ingenieure, das mit der Planung beauftragt ist. Doch das Konzept sei modern.

Tatsächlich hat das imposante Gebäude an der Torstraße bewegte Zeiten erlebt. 1928/29 ließ der jüdische Kaufmann Hermann Gollhuber das Kreditwarenhaus Jonass erbauen. Bewohner des Scheunenviertels kauften ein und konnten in Raten bezahlen. 1937 wurde das Gebäude zum Bürohaus für die Reichsjugendführung der NSDAP umgebaut und 1942 an die NSDAP verkauft. 1946 zog der Parteivorstand der SED ein. Das Gebäude bekam den Namen „Haus der Einheit“ und war später Sitz des Zentralkomitees der SED. DDR-Präsident Wilhelm Pieck und DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl hatten ihre Diensträume im Gebäude. Von 1959 bis 1989 nutzte das Institut für Marxismus-Leninismus die Räume. 1992 waren das Archiv, die Bibliothek und die Werkstätten beim Parteivorstand der PDS im Haus untergebracht. Sie zogen ins Bundesarchiv in Lichterfelde. Seit 1995 steht das Haus leer. Nun erinnert eine gläserne Stele mit Texten und Fotos an die Geschichte des Hauses. Sie wurde vor einem Jahr enthüllt und ist Teil der Geschichtsmeile Berliner Mauer.

Seit 2007 ist das Haus im Besitz einer britischen Investorengruppe. Cresco Capital will Bürk zufolge etwa 40 Millionen Euro investieren. Die Baugenehmigung liegt vor. Die Arbeiten haben bereits begonnen, das Haus wird zurzeit entkernt. Für Herbst 2009 ist die Fertigstellung geplant. Die alte cremefarbene Fassade mit Risaliten wird wieder hergestellt, neue Holzfenster werden eingebaut. Von der alten Einrichtung sei nichts mehr geblieben, sagt Architekt Bürk. Lediglich die alten Notstromaggregate des Kaufhauses sollen im Gastronomiebereich wieder verwendet werden. Auch die ursprünglichen Aufzugskerne bleiben erhalten und werden mit neuen Lifts ausgestattet.

Etwa 16.000 Quadratmeter groß ist die gesamte Bruttogeschossfläche. Hauptmieter des Hauses wird Soho House. Im Erdgeschoss sind Restaurants, die Lobby und eine Galerie geplant, möglicherweise auch Geschäfte. Im ersten und zweiten Obergeschoss werden Büros eingerichtet, dann folgen zwei Etagen mit den Apartments eines Boarding Houses und weitere zwei mit den Suiten des Soho House Clubs. Clubräume, Bibliothek, ein privates Esszimmer, ein Spielraum, Restaurant und Bar werden im siebten Obergeschoss eingerichtet, als vertraute Umgebung der Club-Mitglieder. „Weg von zu Hause, aber zu Hause“, so beschreibt Architekt Bürk das Motto. Auf dem Dach finden sich neben dem 14 mal fünf Meter großen Schwimmbecken eine Terrasse und ein Bistro. Im Hof wird eine Piazza angelegt. Gäste des Hauses können die Parkplätze der benachbarten Backfabrik nutzen. Eine eigene Tiefgarage wird Soho House Berlin nicht haben. U-Bahn, Bus und Straßenbahn sind in unmittelbarer Nähe erreichbar.

Architekt Gunter Bürk ist zuversichtlich, dass das Soho-House-Konzept in Berlin funktioniert. „Die Vielfalt der Nutzung in einem Haus ist einmalig.“

(lokale Kopie Sabine Flatau, Die Welt)

Prenzlauer Ecke Wilhelm-Pieck-/ Torstr. wird Edelbutze

Wenn das Marx und Engels wüssten! Aus der alten Kommunisten-Zentrale an der Ecke Torstraße/Prenzlauer Allee wird ein exklusives Club House. Aber nicht nur "For members only", jeder darf rein.

Torstraße 1, das war nach dem Krieg bis 1990 die erste Adresse für alle Marxisten: In dem früheren Kaufhaus (1928/29 gebaut) residierte erst das Zentralkomitee der Staatspartei SED, dann das Institut für Marxismus und Leninismus. Wo früher Marxisten ein und aus gingen, sollen ab Herbst 2009 Mitarbeiter aus der Medienbranche sich in exklusivem Ambiente wohlfühlen. Dafür lassen britische Investoren das Haus nach der Plänen des Büros JSK Architekten umkrempeln.

Im Erdgeschoss sind die Eingangshalle, Restaurants und eine Galerie geplant, vielleicht auch Geschäfte. In die beiden Etagen darüber sollen Büros einziehen. Im 3. Stock (hier hatte der erste DDR-Präsident Wilhelm Pieck sein Büro) und im vierten wird ein Boardinghaus einziehen. Auf den anderen Etagen wird es Clubräume, Bibliothek, Bar geben. Doch der Höhepunkt liegt auf dem Dach: Clou ist ein 70 Quadratmeter großer Pool samt Terrasse und Bistro mit weitem Blick über Berlin.

Soho Clubs (der erste wurde 1995 gegründet) gibt es bisher beispielsweise in London, New York und Hongkong. Hier können sich die Mitglieder zu Geschäftsgesprächen treffen, aber auch einfach nur entspannen.

(lokale Kopie, Susanne Kröck, Berliner Kurier, 23.04.2008)

Polizeieinsatz beim Baumfällen

Anwohner hatten Todesanzeigen an die Bäume gehängt, sich an die Stämme geklammert. Es half nichts: Polizei rückte an, Kettensägen kreischten durch die Straßen von Prenzlauer Berg. Dort werden 60 Traubenkirschen gefällt.

"Sie müssen wegen akuter Bruchgefahr sofort beseitigt werden", heißt es im Bezirksamt. Das habe eine Untersuchung von Gutachtern an 161 Bäumen ergeben. Die Bäume stehen nicht mehr sicher, weil sie unter Wurzelfäule leiden. In Prenzlauer Berg gibt es weitere 525 Traubenkirschen. Auch sie sollen untersucht werden.

Susanne Kröck
(lokale Kopie)

P-Bergs Tag der Befreiung

Im Zuge der von einem linken Bündnis organisieren Liberationweeks fand am frühen Dienstagabend eine Kundgebung unter dem Motto "Die Feste feiern wie sie fallen!" am Pankower Garbatyplatz statt.
Die rund 40 Personen fanden sich an dem zentralen Platz vor dem S+U-Bahnhof Pankow zusammen um die Befreiung der Berliner Bezirke Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee am 22.4.1945 feierlich zu begehen.

Nachdem zunächst der Aufruf zu den Aktionswochen verlesen wurde, schloss ein Zeitzeuge als Referent mit einem Vortrag zum deutschen Faschismus und dessen Bewältigung an.
Anschließend folgte eine Rede der Antifa Klein Pankow zur Pankower Neonaziszene und deren Strukturen und ein Referat einer Zeitzeugin.
Zwei kleine Neonazi-Gruppen beäugten die Veranstaltung und machten Fotos von den Demonstrierenden.

Datenträger + js

Dienstag, April 22, 2008

Kettensägenmassaker im Kiez

Um Punkt 8.37 Uhr begann gestern im Gleimviertel das „Kettensägenmassaker im Kiez“. Derart drastisch beschrieb jedenfalls ein um den Stamm einer Traubenkirsche gewickeltes Transparent die Fällaktion des Bezirks Pankow. An der Korsörer Straße sägten Mitarbeiter des Umweltamtes sechs von Wurzelfäule befallene Bäume um: unter wütenden Pfiffen und Protestrufen von etwa 40 Anwohnern und Umweltschützern und abgeschirmt von einem Dutzend Polizisten. Insgesamt lässt der Bezirk in Prenzlauer Berg derzeit 60 kranke und in einem Gutachten als Sicherheitsrisiko eingestufte Traubenkirschen entfernen. Die als Stadtbaum schlecht geeignete, weil empfindliche Sorte war in den 1980er Jahren neben dem Gleimviertel unter anderem auch im Helmholtzkiez gepflanzt worden. Auch dort wird derzeit gefällt.

Anders als vergangenen Herbst, als der Bürgerverein Gleimviertel und Umweltschutzverbände 55 Bäume vorerst retteten, blieb der gestrige Widerstand erfolglos. Dass laut Polizei in der Vornacht die temporären Halteverbotsschilder entfernt und die Bäume deshalb zugeparkt worden waren, bremste das Bezirksamt nicht. Eine Mitarbeiterin kündigte an, im Weg stehende Autos abschleppen zu lassen. Das erwies sich jedoch als weitgehend unnötig, denn bald entstanden auch so zum Fällen ausreichende Parklücken.

Trotz des Rückschlags kämpfen die Aktivisten weiter für die Erhaltung der ihrer Ansicht ungefährlichen Bäume. „In den kommenden Tagen geht es an der Buchholzer Straße und an der Ystader Straße weiter“, so Jacqueline Röber vom Bürgerverein. Immerhin einen Teilerfolg können Baumfreunde feiern: Bisher lehnte der klamme Bezirk Nachpflanzungen ab. Mittlerweile stellte das Land laut Umweltamtsleiter Andreas Schütze 150 000 Euro zweckgebunden bereit, um Prenzlauer Berg wieder zu begrünen.wek

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 22.04.2008)

Dienstag, April 15, 2008

Aus Grün wird Grau: P-Bergs Bäume werden weniger

Vorsicht, tieffliegende Bäume! Im Bezirk Prenzlauer Berg droht der Kahlschlag! 686 Bäume der Sorte „Traubenkirsche“ stehen auf der roten Liste des Bezirksamtes für Umwelt und Natur.
In den letzten Jahren wurden schon knapp 200 Bäume entfernt – doch jetzt droht das große Fällen.
Am 17. April sollen wegen akuter Bruchgefahr 60 weitere Traubenkirschen folgen.

Die Bäume wurden von 1985 bis 1988 im Bezirk gepflanzt – mittlerweile haben Gutachter festgestellt, dass diese Baumart eigentlich nicht für die „Straßenbepflanzung“ geeignet ist. So droht den Traubenkirschen im Alter von gerade mal 20 Jahren ein junger Baumtod. „Durch den Fäulnisbefall besteht eine große Gefahr für Bürger und Verkehr. Viele Traubenkirschen sind nicht mehr zu retten“, so Roland Dengler, Sachverständiger des Gutachtens.

Dieses Horrorszenario wollen die Anwohner des Bezirkes nicht teilen. „In den letzten Jahren wurden mindestens 100 Bäume umsonst gefällt“, kritisiert Heiner Funken, Vorstand des Bürgervereins Gleimviertel. Erst jetzt hat ein Umdenken des Bezirksamtes stattgefunden – wurde früher oftmals nach Augenmaß für eine Fällung entschieden, so wird heute jeder Baum geprüft. Trotzdem lösen auch diese Fäll-Methoden Kritik aus. „Mit Halteverbotsschildern wird Platz geschaffen, Anwohner erst gar nicht informiert“, so Funken weiter. Und so kann es schnell passieren, dass ein grüner Bezirk langsam grau wird.

Daniel Riedel

Gleich nebenan: Szenebezirk Wedding

Inmitten der Kulturwüste erscheint plötzlich die Fata Morgana. Eben herrschte hier an der oberen Brunnenstraße noch Weddinger Alltag, mit der Mutter, die Kinderwagen schiebend ihre Nachkommen auf vier Fingern zurückpfeift. Mit wild geschminkten Grundschülerinnen, die aus ihrem Handy den R 'n' B scheppern lassen, und mit Senioren, die zum Erdbeerverzehr ungeniert das Gebiss richten. Doch dann gleitet an uns diese Erscheinung vorbei, ein Mittemädchen, über und über in Designerkleidung gehüllt, das Haar ein auftoupierter Amy-Winehouse-Turm. Minuten später folgt der nächste Modefremdkörper, diesmal mit Castro-Kappe und Edel-iPod.

Immobilienexperten haben die Entwicklung vorausgesagt. Ob Neukölln oder Wedding - was lange als Igittbezirk galt, ist in Berlin jetzt groß im Kommen. So nennt etwa James Guerin, der als Geschäftsführer des Berliner Bauträgers Natulis historische Fabriklofts saniert und hochwertige neue Apartments errichtet, den nördlichen Raum am S-Bahnring als nächstes Ziel: "Wir sind auch in Wedding auf der Suche nach stillgelegten Fabriken und anderen außergewöhnlichen Gebäuden, die wir zu Lofts ausbauen wollen."

Nach 13 Jahren an der Spree sehe er, dass Industriebrachen und freie Baugrundstücke in Prenzlauer Berg mittlerweile nahezu vollständig umgewandelt worden seien.

"Wir erwarten", sagt James Guerin, "dass in den kommenden Jahren die Miet- und Eigentumswohnungspreise in Prenzlauer Berg wegen der hohen Nachfrage weiter nach oben steigen. Nur einige Schritte von den besten Wohnanlagen in Prenzlauer Berg entfernt befinden sich in der Nachbarschaft auf Weddinger Seite Flächen, die nur darauf warten, als attraktive Wohngegend wachgeküsst zu werden. Vielfalt und Lebendigkeit sind das, was den Prenzlauer Berg in den letzten Jahren so attraktiv gemacht hat. Wenn wir diese Berliner Mischung auch für die Zukunft erhalten wollen, müssen wir zusätzliche neue Räume für Familien und Singles schaffen. Der Wedding ist dafür der ideale Lebensraum."

Vor dem Mauerfall saß die Szene in Kreuzberg, es folgten Prenzlauer Berg und Mitte, momentan verändert sich Friedrichshain. "Vorweg gehen immer die Pioniere, die neue Orte erst erschließen", sagt Busso Grabow, Experte für Stadtentwicklung am Deutschen Institut für Urbanistik (DifU). Künstler und Kreative, Punks, Studenten und Hausbesetzer, die nicht viel Geld haben, suchen Orte, an denen sie Freiräume haben. "Also große Wohnungen und Ateliers, die nicht so teuer sind, in denen sie ihre Lebensformen leben können."

Nach Mitte und Prenzlauer Berg ging die Szene in das angrenzende Friedrichshain. In den damals noch unsanierten Altbauten fanden die Kreativen jene Räume, die sie suchten. Bald folgten ihnen kleine Kneipen und Cafés. "Es spricht sich schnell herum, wenn sich in einem Bezirk etwas tut", sagt Grabow. Und schließlich folgten der alternativen Szene jüngere Leute mit mehr Geld. Werber, Architekten, Journalisten, die sogenannte Mittelschicht. "Gentrifizierung" nennt der Stadtsoziologe dieses Phänomen - die soziale Umstrukturierung eines Stadtteils. Parallel beginnen meist auch umfangreiche Restaurierungsarbeiten. Spätestens dann ist der Bezirk ein Trendbezirk. Die kleinen Kneipen werden durch schickere Lokale ersetzt, die Mieten schnellen nach oben.

An diesem Punkt ist jetzt auch Friedrichshain angekommen. "Es hat eine Aufwertung stattgefunden", sagt Grabow, "doch von den Pionieren, den Entdeckern des Stadtteils, wird diese Aufwertung als Abwertung empfunden." Sie können zum Teil die steigenden Mieten nicht mehr bezahlen oder haben nicht mehr den Raum, den sie gesucht haben. "Also wandert die Szene wieder ab, sucht sich neue Räume." Dies sei "ein Prozess, der in Friedrichshain bereits eingesetzt hat". Inzwischen ist man auf dem Weg nach Wedding und Nord-Neukölln. Vor allem im Reuterkiez, nahe dem Landwehrkanal und fast in Kreuzberg, siedeln sich die Pioniere an. In den Immobilienanzeigen ist vom Trendbezirk Kreuzkölln die Rede. "Die Ecke wird gerade der hippste Bezirk der Stadt", urteilt Busso Grabow.

Im Reuterkiez etablieren sich Szenekneipen, Restaurants wie "Kirk Royal", Galerien und Büros der Kreativbranche. Sabine Steinort und Ulrika Böhm sind schon da mit ihrer Stoffwerkstatt Steinort Berlin, nähen Kleider, fertigen Taschen und bedrucken T-Shirts mit dem Schriftzug Kreuzkölln. "Als wir anfingen, war hier noch nicht viel los, es wirkte alles so grau", sagt Sabine Steinort, "aber mittlerweile sind hier viele Studenten, ein Laden nach dem anderen eröffnet."

Allerdings gehen nun auch die Mieten nach oben. Bei Neuvermietungen rund um den Reuterplatz haben sie laut Zeitschrift "Mieterecho" bereits Kreuzberger Niveau erreicht. Die Zeiten, in denen Wohngemeinschaften günstige Riesenapartments finden konnten, scheinen jedenfalls schon wieder vorbei. Eine Tatsache, die den Bezirk für die Kreuzkölln-Pioniere tief trifft. Im Reuterkiezblog warnt ein Autor: "Im Herbst zieht auch das gehobene Ambiente im Kiez ein — offensichtlich haben Investoren Fabrikhöfe an der Hobrechtstraße gekauft und bauen die jetzt zu schicken Lofts um und natürlich nennt sich das ganze Kreuzköllnlofts." Blogleserin Diane mailt empört: "Ich bin schockiert."

Zu den Wegbereitern für ein florierendes Witte (gemeint ist die Weddinger Schnittstelle zu Mitte) werden indes der Franzose Frédéric Louis Fourrichon und der US-Amerikaner Patrick McHugh. Gemeinsam stehen sie einer Gruppe Architekten vor, den Wostarchitects, die Anfang des Monats auf Weddinger Seite der Brunnenstraße ihr erstes Büro eröffnen.

Vor einiger Zeit nämlich hat ihr Vermieter, die Wohnungsbaugesellschaft Degewo, auf dieser einst belebten Einkaufsstrecke offenbar gen Fernsehturm geblickt und dort scheinbar zum Greifen nah Mitte entdeckt, den in der Immobilienbranche schon legendären Trendbezirk, wo einige der höchsten Mieten der Stadt erzielt werden und wo die teuren Geschäfte und die ausgebuchten Restaurants stehen. Eine Idee entstand. Es sei doch "schizophren", dass "das Leben" dort unten an der Bezirksgrenze zu Wedding, der Bernauer Straße, ende, sagt nun Degewo-Sprecherin Erika Kröber unumwunden. Es gelte, "diesen Schatz zu heben".

So sind die Degewo-Vorbereitungen für eine 500 Meter lange, überdachte Modemall, ein Outlet-Einkaufszentrum zwischen Bernauer Straße und Lortzingstraße in vollem Gange. Schon in der Übergangszeit versucht das Unternehmen nun, "sein" Brunnenviertel für eine junge Kientel anziehend zu machen. Anfang des Jahres veranstaltete man die zweiwöchige Innovationsausstellung "Wedding Dress", die laut Degewo 10 000 Menschen anlockte.

Seit 1. April lässt man für einen unschlagbaren Quadratmeterpreis von knapp über zwei Euro Jungdesigner, Web-Unternehmen und eben auch die innovativen Architekten der Wostarchitects in die 26 bereits leer stehenden Erdgeschossgeschäfte des Blocks an Weddings Südende in der Brunnenstraße einziehen.

Inmitten der Vorbereitung einer Präsentation für einen Innenarchitekturauftrag sagt Frédéric Louis Fourrichon, dass man so früh nach Start des Büros damit beschäftigt sei, sich Referenzen zu verschaffen. Akquise und der Aufbau einer Unternehmensstruktur brächten "nicht viel Geld ein", weshalb er über seine Degewo-Flächen "sehr zufrieden" sei.

Während jenseits des Schaufensters die hier noch immer surreal wirkenden Erscheinungen aus den Nachbargeschäften vorbeiwandeln - fesche Designerinnen und ambitionierte, stoppelige junge Männer, deren Look bislang nie außerhalb der Zentralbezirke anzutreffen war -, erzählt Fourrichon aber auch vom Unmut im Kiez. "In Geschäften wie diesem hatten die Anwohner früher ihre Bäcker, ihren Laden für die Dinge des täglichen Bedarfs."

Alle seien fortgezogen - "nur für die Scheiß-Klamottenläden", gibt Architekt Fourrichon die Kritik der Alt-Weddinger wieder. Mag Degewo-Sprecherin Erika Kröber auch versichern, man wünsche durchaus einen Mix aus Traditionsweddingern und hinzugezogenem Szenevolk, sieht Fourrichon den krassen Wandel im Viertel voraus. "Langfristig", prognostiziert der selbst vor Ort lebende Architekt nüchtern, "werden die jetzigen Anwohner sich das, was hier herkommt, nicht leisten können."

Patrick Goldstein, Nicole Dolif

Montag, April 14, 2008

Kreuzungen von Squattern und WBAlern blockiert

Eine Zusammenkunft von 25-30 FahradfahrerInnen im Rahmen der weltweiten Squatter Days und der Wir Bleiben Alle! - Kampagne fand am 12 April statt. Diese blockierten temporär verschiedenste Kreuzungen in Berlin - Friedrichshain, Prenzlauer Berg und Mitte. Ausgestattet mit Fahnen, Konfetti, Musik, Farben, Megafon und schönen Stimmen nahmen sie sich die Kreuzungen zurück und gestalteten ihren temporären selbstorganisierten Freiraum. Autos mussten stehen, denn die Straße stand in diesen Momenten für mehr, als der Boden der Vehikel der Verwertungslogik. Die Straßenbahn kündigte Verspätungen an. Die umstehenden Passanten an den Kreuzungen betrachteten das Geschehen mit Neugier und Beifall. Während der Besetzungen wurden an die Passanten Flyer für die Squatter Days und die Wir Bleiben Alle! - Kampagne verteilt.
Nach mehrern besetzten Kreuzungen kam es in der Danziger Straße noch zu einer unangemeldeten Spontandemo, welche aus ca. 15 Fahradfahrern.
Die Polizei versuchte erfolglos alle dezentralen Aktionen erheblich mit einem hohen Aufgebot an Zivilbeamten und Hundertschaften zu stören.

www.wba.blogsport.de

http://april2008.squat.net

Esmarchstr.: In der Bibliothek wird ausgepackt

Wojciech Kuczok, Star der jungen polnischen Literatur, erhielt für seinen ersten Roman Gnój (Dreckskerl) 2004 den NIKE, den bedeutendsten polnischen Literaturpreis. Gabriele Leupold und Dorota Stroinska lesen aus ihrer ebenso preisverdächtigen Übersetzung des Romans und
berichten von der laufenden Arbeit an Kuczoks Essayband Höllisches Kino.

Was entsteht, wenn zwei Übersetzerinnen mit zwei Muttersprachen – in diesem Falle Deutsch und Polnisch – gemeinsam an einem Text arbeiten: ein Stoßmichziehdich? Oder eine Übersetzung, die alle Möglichkeiten beider Sprachen nutzt? Sind sprachübergreifende Übersetzertandems nur eine praktische, bequeme Form der Zusammenarbeit oder erreicht die Übersetzungskunst damit eine neue Stufe?

Der Roman Dreckskerl (Suhrkamp 2007) erzählt von den dramatischen Wendungen der deutschen und polnischen Geschichte im 20. Jahrhundert, deren Gewalt sich im privaten Leben der Familie K. fortsetzt. Höllisches Kino widmet sich in kurzen Essays europäischen Filmen, die an Tabus rühren und die Schwelle des Erträglichen überschreiten. In beiden Texten sind es besonders die Wortspiele, die Lakonie und die an Thomas Bernhard erinnernden Wiederholungen, die das Übersetzen
reizvoll machen.

Gabriele Leupold, *1954, übersetzt vor allem aus dem Russischen (u. a. Andrej Belyj, Vladimir Sorokin, Warlam Schalamow) und ist daneben auch als Moderatorin, Autorin und Herausgeberin tätig. 2003 erhielt sie für ihre Neuübersetzung von Belyjs Petersburg den Celan-Preis. Sie ist
Koautorin der Video-Dokumentation Spurwechsel. Ein Film vom Übersetzen (2003) und Mitherausgeberin des Bandes In Ketten tanzen. Übersetzen als reproduktive Kunst (Wallstein 2008).

Dorota Stroinska, *1965 in Poznan/Polen, studierte Neuere Deutsche Literatur, Slawistik und Linguistik in Poznan und an der FU Berlin. Seit 1994 übersetzt sie vor allem aus dem Deutschen ins Polnische (u.a. Karl Jaspers, Friedrich Nietzsche, Rüdiger Safranski, Lutz
Seiler, Undine Gruenter). 1998 erhielt sie den Übersetzerpreis des polnischen Übersetzerverbandes.

Freitag, 25. April 2008 um 20 Uhr
Kurt-Tucholsky-Bibliothek Prenzlauer Berg
Esmarchstraße 18
10407 Berlin
Eintritt frei!


www.auspacken.org

Mittwoch, April 09, 2008

Neues zum mg-Verfahren

Bei der heutigen Zeugenvorladung im Verfahren gegen die militante gruppe
(mg) konnte die vorgeladene Zeugin ihre Aussage verweigern.
Ermittlungsrichter Ulrich Hebenstreit (BGH) entschied gegen den Einspruch
der Bundesanwaltschaft (BAW), dass sie aufgrund des § 55 ein
Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch nehmen kann.

"Nach den Erfahrungen bisheriger §129-Verfahren wollen die Behörden von
mir uferlose Auskünfte über den Beschuldigten - von seinem
Persönlichkeitsprofil, über seine politische Geschichte bis zu seinen
sozialen Netzwerken. Ich bin nicht bereit, diese Auskünfte zu geben und so
in einer in jeder Hinsicht für Interpretationen offenen Gesprächssituation
vielleicht Worte zu liefern, die sie so verdrehen könnten, dass sie dazu
beitrügen, diesen Freund in den Knast zu bringen", sagte die vorgeladene
Zeugin nach der Entscheidung. "Der Paragraphen 129 zielt als Teil einer
politischen Justiz einseitig darauf ab, linke, feministische,
antifaschistische und antirassistische Bewegungen auszuschnüffeln,
einzuschüchtern und zu kriminalisieren. Daran will ich durch eine Aussage
nicht mitwirken."

Die Bundesanwaltschaft hat angekündigt, gegen diese Entscheidung
Rechtsmittel einlegen zu wollen.

telegraph

P-Berg steht ab 2009 für Parkzonenberg

Prenzlauer Berg gleicht immer mehr der Kölner Innenstadt. Fast ganz Prenzlauer Berg soll nächstes Jahr Parkzone werden. Anwohner müssen bald eine Vignette beantragen.
Erst kürzlich wurden in Mitte drei neue Gebührenzonen eingerichtet. Eine Stunde parken kostet zwei Euro). Das Bezirksamt Pankow plant eine große Parkzone von der Ringbahn bis zur Torstraße (ehemals Wilhelm-Pieckstr.), vom ehemaligen Mauerstreifen bis zum Friedrichshain. Das Tiefbauamt hat jetzt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Diese solle die Umsetzung der Parkraumbewirtschaftung prüfen.

Dienstag, April 08, 2008

Ermittlungen gegen militante gruppe: Zeugen von Haft bedroht

Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt im
Verfahren gegen die militante gruppe (mg), drei Berlinerinnen zur
zeugenschaftlichen Vernehmung nach Karlsruhe geladen. Die Vernehmungen
beginnen am Mittwoch, den 9. April.

Die Zeugenvorladungen enthalten eine besondere Brisanz, da sie direkt vor
den Ermittlungsrichter des BGH erfolgen. Sollten die Zeuginnen nicht zur
Aussage bereit sein, droht ihnen dort die umgehende Verhängung eines
Ordnungsgeldes von bis zu 1.000 Euro oder Beugehaft von bis zu sechs
Monaten.

Hintergrund der Vorladungen ist ein seit Juli 2007 öffentliches Verfahren
gegen sieben Beschuldigte wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gem.
§ 129 StGB. Auslöser des Verfahrens waren eine Reihe bisher nicht
aufgeklärter Brandanschläge, teilweise mit Sachschäden, u.a. auf
Fahrzeuge der Bundeswehr. Nachdem zunächst vier der Beschuldigten, unter
ihnen ein Wissenschaftler der Humboldt Universität Berlin, in
Untersuchungshaft saßen, musste die Bundesanwaltschaft (BAW) mehrere
Rückschläge einstecken und letztendlich alle Beschuldigten aus der Haft
entlassen. Des Weiteren mussten die umfassenden, ursprünglich wegen Bildung
und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gem. § 129a StGB
geführten Ermittlungen auf den Vorwurf der Bildung einer kriminellen
Vereinigung herabgestuft werden.

Bereits im Oktober 2007 wurden über 20 Personen aus dem beruflichen,
persönlichen oder politischen Umfeld der damals noch unter Terrrorverdacht
stehenden Beschuldigten durch die BAW zum Bundeskriminalamt (BKA) geladen,
darunter zwei Journalisten und ein Jurist. Gemeinsames Merkmal dieses
Personenkreises war lediglich der Kontakt zu einer der verdächtigten
Personen – beispielsweise als Redakteur, Kollege, Mitbewohner oder Freund.

Unter dem Eindruck der abenteuerlichen Terrorermittlungen durch die BAW und
das BKA verweigerten damals fast alle vorgeladenen Zeugen die Aussage. Ihnen
droht nun ebenfalls die erneute Vorladung nach Karlsruhe, Geld- oder
Haftstrafen. Einer der damals geladener Zeugen meinte dazu: „Das ist doch
absurd. Alle Beschuldigten des Verfahrens werden entlassen, aber ich als
unbeteiligter Zeuge werde nun mit Haft bedroht.“

Kontakt zur ZeugInnengruppe: keine-zeuginnen [at] so36.net
Weitere Informationen zum Verfahren erhalten Sie unter
http://einstellung.so36.net

Montag, April 07, 2008

Blick nach Köpenick: Nie wieder Mellowpark

Auf dem Gelände der Fotochemischen Werke an der Friedrichshagener Straße sollen in den nächsten Jahren rund 200 Wohnungen entstehen. Eigentümer des rund 50 000 Quadratmeter großen Areals ist die Berner Group aus Wiesbaden. "Wir wollen die denkmalgeschützten alten Werkhallen sanieren und daraus hochwertige Wohnungen und Lofts machen", sagte Alexander Heder vom Unternehmen. Außerdem sollen rund um einen großen Spielplatz Neubauten entstehen - sogenannte Townhouses - sowie Reihenhäuser. Ein Plattenbau werde abgerissen. Zwei historische Gebäude würden weiter gewerblich genutzt: Auf dem Areal sind neben der Fotochemische Werke GmbH etliche kleinere Firmen angesiedelt; auch das Stadttheater Cöpenick soll an seinem Standort bleiben. Baubeginn ist für das kommende Jahr vorgesehen.

Noch laufen die Planungen, doch im Bezirk denkt man schon weiter: Das Freizeitgelände Mellowpark mit Fußball- und Basketballfeldern, Skater- und BMX-Rampen muss nach Abschluss der diesjährigen Saison weichen. Eine solche Nutzung nur wenige Meter neben dem neuen Wohngebiet könnte stören. Der Mellowpark soll im kommenden Jahr auf einer Fläche hinter dem Rathaus Treptow neu aufgebaut werden. Schulstadtrat Dirk Retzlaff (SPD) geht nicht davon aus, dass es dort zu Beschwerden von Anwohnern wegen des Lärms kommt. "Ein Lärmgutachten besagt, dass die vorgeschriebenen Werte nicht überschritten werden." Der Abstand zwischen Wohnhäusern und Mellowpark betrage gut 200 Meter, außerdem stünde noch eine Schule dazwischen. Für den Mellowpark sollen ein ehemaliger Tennisplatz, eine Schulgartenbrache sowie der Sportplatz der Schule neu gestaltet werden. An dieser Gestaltung will der Bezirk auch die Berner Group finanziell beteiligen: "In einem städtebaulichen Vertrag soll sich der Investor zu bestimmten Beiträgen verpflichten."

Karin Schmidl

Schüler in den Container

Am liebsten würde die Pankower Schulstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) verbieten, dass im Ortsteil Prenzlauer Berg neue familienfreundliche Wohnanlagen, etwa an der Kollwitzstraße und der Schwedter Straße, gebaut werden. Denn die Neubauten bringen ihr Probleme. "Für große Bauvorhaben braucht man auch eine Infrastruktur, vor allem ausreichende Plätze an Grundschulen", sagt sie. Und deshalb muss sie sich dringend darum kümmern, dass in dem dicht besiedelten Ortsteil neue Grundschulen eröffnet werden. Und weil der mit etwa 30 Millionen Euro verschuldete Bezirk gar kein Geld für neue Schulen hat, wird im Schulamt jetzt darüber nachgedacht, "mobile Unterrichtsräume" für Erstklässler zu errichten. "Container wären eine Alternative zu teuren Neubauten", sagt Zürn-Kasztantowicz.

Schon im nächsten Schuljahr reichen die Plätze in den zehn staatlichen Grundschulen in Prenzlauer Berg nicht mehr aus. Die Zahl der Erstklässler wächst stetig (siehe Grafik). "Künftig brauchen wir jedes Jahr eine neue Grundschule", sagt Zürn-Kasztantowicz. Im Schuljahr 2010/2011 wird es auf Grundlage aktueller Prognosen 367 Schulanfänger mehr geben als derzeit. Vor allem in den beliebten Wohnvierteln Kollwitzplatz, Teutoburger Platz, Helmholtzplatz und Bötzowviertel werden neue Grundschulplätze benötigt.



Im Bezirk gibt es viele Pläne, wie man dem wachsenden Bedarf an Grundschulplätzen gerecht werden könnte. Über ein Papier der SPD "Neue Schulen für den Kiez" wird jetzt in den Ausschüssen diskutiert. So sollen einst geschlossene Schulstandorte wieder zu Grundschulen umgewandelt werden. Etwa fünf Millionen Euro und mehr könnte so ein kind- und schulgerechter Umbau kosten, etwa für landeseigene Gebäude in der Straßburger Straße und der Prenzlauer Allee. Auch ein Oberstufenzentrum an der Pappelallee könnte umgebaut oder durch einen Neubau ergänzt werden. Im Bötzowviertel könnte das frühere Pasteurgymnasium eine Grundschule werden. Auf der Werneuchener Wiese, einer Freifläche zwischen Danziger Straße und Volkspark Friedrichshain, würde der Bezirk gern eine neue Schule mit Turnhalle errichten.

"Aus Bezirksmitteln ist das aber nicht zu finanzieren", sagt Lioba Zürn-Kasztantowicz. Der acht Millionen Euro Umbau des denkmalgeschützten Gebäudes Danziger Straße 50 zur Grundschule wird zum Beispiel aus dem Programm Stadtumbau Ost finanziert. Weil die Kosten höher sind als geplant, wird die neue Grundschule nicht 2009 eröffnen, sondern erst 2010.

Bis zum Juli sollen alle landeseigenen Gebäude in Prenzlauer Berg untersucht werden, ob sie sich als Grundschulen eignen könnten. Im Schuljahr 2008/2009 gibt es noch genügend Grundschulplätze an staatlichen Schulen. "Es ist eng, doch die Plätze reichen. Die Schulanfänger kommen an ihre Schule im Einzugsgebiet", sagt die Schulstadträtin. Zunehmend mehr Kinder gehen auf Freie und kirchliche Schulen.

Im vergangenen Jahr herrschte ein regelrechtes Anmeldechaos. Für ein Viertel der Erstklässler zwischen Helmholtzplatz und Kollwitzplatz gab es keinen Platz an der nächstgelegenen Grundschule. Per Losverfahren wählte das Schulamt die Schüler aus, nach Klagen von Eltern erklärte das Verwaltungsgericht dies als unrechtmäßig. Der Bezirk musste reagieren und eröffnet im nächsten Schuljahr eine neue Gemeinschaftsschule in der Erich-Weinert-Straße für 75 Schulanfänger.

Schulstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz geht zurzeit auf "Sensibilisierungstour", um beim Senat Geld für neue Grundschulen einzuwerben. Der Bezirk Pankow hat Schulden in Höhe von 30 Millionen Euro.

Die Zahl der Erstklässler im Ortsteil Prenzlauer Berg wächst in den kommenden Jahren weiter. Ein Rückgang der Geburtenzahlen ist im Moment noch nicht erkennbar.


Stefan Strauss

Sonntag, April 06, 2008

Navi umsonst geklaut

Die Polizei hat am Freitag, am frühen Morgen zwei Autoknacker in Prenzlauer Berg erwischt. Zivis hatten die 19 und 20 Jahre alten Burschen bemerkt, als sie ein Auto in der John-Schehr-Straße aufbrachen. Die beiden Männer sollen ein Navi gestohlen haben und dann in Richtung Ernst-Thälmann-Park abgehauen sein.

Das Glück im Schatten der Mauer

Im Roten Rathaus hat der Friehling-Verlag gestern die Preisträger des Zeitzeugenpreises Berlin-Brandenburg geehrt. Den ersten Platz machte der Oranienburger Peter Schüler mit seiner Erzählung über einen jüdischen Professor im Prenzlauer Berg der 60iger Jahre.

"Berlin und immer wieder Berlin, tausendfach verflucht und heiß geliebt, ist mehr als eine große Stadt“. Als Peter Schüler diesen ersten Satz seiner Erzählung aufschreibt, sitzt er im Mai vergangenen Jahres an seinem Schreibtisch in Oranienburg. Der 70-Jährige entwirft einen Zeitzeugenbericht, ein Stückchen eigenes Erleben durch die Augen eines Berliners, der die Stadt nach 1960 erlebt. Doch die Geschichte „Goliath und seine Träume“, für den Schüler jetzt mit dem ersten Platz des Zeitzeugenpreises 2008 ausgezeichnet wurde, ist keine äußerliche Beschreibung Berlins. Seine Geschichte hat einen persönlichen tragischen Helden. David Klein, der für die Freiheit seiner Gedanken mit Job, Familienverlust und Einsamkeit bezahlt. Der gerne in das Cafè Lena in Prenzlauer Berg geht, um sich dort mit dem „Malerheini“ über die Welt zu unterhalten. Der sich gegen Darwinismus-Theorie und Gesellschaftsregime auflehnt, dafür von seinen Studenten bewundert wird und schließlich doch noch in Würde stirbt. „Die Geschichte ist Wirklichkeit und ein bisschen Fiktion“, sagt Schüler bei der Preisverleihung im Roten Rathaus. „Den Professor gab es wirklich, ich habe ihn gekannt. Und auch ich wurde aufgrund meiner kritischen Einstellung von der Universität exmatrikuliert“.

Die Zeitspanne 1960 bis 1970 in Berlin-Brandenburg empfand jeder Bewohner anders, doch eins hatten wohl alle gemein: Die Mauer, die politische Anspannung dieser Zeit, das Ost und West schlich sich in jeden Haushalt, in jedes Leben. Grund genug für den in Friedenau ansässigen Friehling-Verlag, genau diese Zeit als Thema ihres Schreibwettbewerbes zu nehmen. Beteiligt hatten sich über 100 Schreiber, darunter ein Drittel Brandenburger, wie Jörg Schönbohm– Innenminister des Landes Brandenburg – in seiner Ansprache zufrieden feststellte. Rund 30 von ihnen waren im Großen Saal erschienen. Menschen, die meist vor 1940 geboren wurden, die Studenten oder Schüler waren, als die Mauer gebaut wurde und die Stadt schließlich teilte. Und weil viele Augen viel sehen, sind die Zeitzeugen-Geschichten bunt geworden. Die Jury war beim Durchsehen der Beiträge „beeindruckt, glücklich – und uneins!“, meinte Andreas Ludwig, Leiter des Dokumentationszentrums Alltagskultur der DDR, mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Es habe hitzige Diskussionen gegeben und immer wieder offene Fragen und Denkanstöße. Auch deshalb zogen die Mitglieder, die aus Verlag, Medien und Politik stammten, gleich vier Preisträger als „Fischzug aus dem Meer der Erinnerung“ wie Verleger Johann-Friedrich Huffmann die wertvollen literarischen Geschichten nannte.

Mit „verliebt, verlobt, verheiratet – und ein bisschen verwegen“ überzeugte der Journalist und ehemalige Tagesspiegel-Volontär Jürgen Friedenberg (2. Platz) die Jury durch eine Erzählung, die ein junges Pärchen in den Mittelpunkt stellt, das sich ausgerechnet den 14. August 1961 als Hochzeitstermin ausgesucht hat und zwischen Charlottenburg und Prenzlauer Berg hin- und her gerissen ist. Kristin Bochröder beschreibt in „Ostkreuz“ ihre Fluchtpläne von Ost- nach Westberlin, ihre Ängste und Träume. Die Köpenickerin bringt dem Leser in ihrer autobiografischen Erzählung ihre kritische Einstellung zum DDR-Regime nahe. Schließlich flüchtet sie mit einem gefälschten Pass in den Westen und heiratet ihren dortigen Freund. Jenny Schon, Stadtführerin in Potsdam und China-Liebhaberin, beleuchtet in „Mein erster Berlin-Marathon“ ihre aufregenden Erfahrungen als unerfahrenes Kölner Landei im wilden Westberlin 1968. Auf der Demo gegen den Schah-Besuch lernt sie einen jungen Studenten kennen und verliebt sich. Erst spät merkt sie, dass er Kontakte zur RAF hat. Sie folgt ihrem Geliebten nicht in die illegale Welt.

Alle vier Preisträger gaben Auszüge ihrer Werke zum Besten und erhielten als Preise Publizierungsgutscheine für weitere Veröffentlichungen. Peter Schüler konnte zudem ein kleines Kunstwerk mit nach Hause nehmen: Das „Buch der Erinnerung“, eine Skulptur des Metallkünstlers Achim Kühn.

Berlin-Interessierte, Neugierige und Zeitzeugen können sich auf den Juni freuen. Dann erscheinen die besten zehn Zeitzeugen-Erzählungen im Buchhandel – Titel: „Glückssuche im Schatten der Mauer“.

Prüfung für P-Bergs Schulen

Ab 2010 reicht der Platz für Erstklässler nicht mehr. Der Bezirk fordert mehr Geld vom Berliner Senat.

Immer mehr Mädchen und Jungen in Prenzlauer Berg entwachsen dem Kindergartenalter und kommen in die Schule. Vor allem in den Sanierungsgebieten werden den Grundschulen dann die Räume fehlen. Deshalb ist Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) derzeit auf „Sensibilisierungstour“, wie sie es nennt: Die Pankower Bildungsstadträtin wirbt bei der Landesschulverwaltung um Geld, um den Mangel beheben zu können.

Immerhin – sie hat Zeit dafür. Im Sommer vergangenen Jahres musste sie sich des Ärgers vieler Eltern erwehren, weil der Bezirk ihren Kindern Schulplätze zugewiesen hatte, die ihnen nicht gefielen. In diesem Jahr sei es noch ruhig, berichtet Zürn-Kasztantowicz. In der Regel hätten die Bürger ihre Kinder an den von ihnen gewünschten Schulen unterbringen können. Das liege zum einen daran, dass sich ab Sommer mit der neuen Gemeinschaftsschule an der Erich-Weinert-Straße das Angebot vergrößere. Zum anderen sei die Verwaltung anders als im Vorjahr gegen Scheinanmeldungen für Kinder, die gar nicht im Einzugsgebiet der betreffenden Schule wohnten, vorgegangen.

Doch in zwei Jahren droht erneut Ungemach. „Im Schuljahr 2010/11 kommt ein gewaltiger Sprung“, prognostiziert Zürn-Kasztantowicz. In Zahlen: 850 Erstklässler zählt der Bezirk für kommendes Schuljahr an den öffentlichen Schulen im Helmholtz-Kiez, im Kollwitzplatz- und Bötzowviertel. Den Anstieg um 130 Schüler im Vergleich zum laufenden Jahr kann der Bezirk noch auffangen. 2010/11 jedoch werden nach Rechnung des Bezirks 1080 Kinder eingeschult. Das Problem endet jedoch nicht an den Grenzen der drei Kieze: Bezirksweit stünden nach jetzigem Stand ganze 14 Klassen ohne Räume da. „Wir brauchen im Durchschnitt jedes Jahr eine neue Schule“, sagt Zürn-Kasztantowicz.

Bis Sommer will das Bezirksamt nun alle landeseigenen Gebäude auf ihre Eignung als Schulstandort prüfen lassen. Das soll auch dazu dienen, die anhaltende Kritik der unzufriedenen Eltern zu dämpfen: Zürn-Kasztantowicz will zeigen, dass sie keine mögliche Lösung außer Acht lässt. Dabei haben einige Eltern schon wieder Anlass zum Unmut: Der Umbau der Schule an der Danziger Straße zieht sich hin. Sie öffnet statt 2009 erst 2010. Es habe länger als erwartet gedauert, die acht Millionen Euro Baukosten aus EU-Töpfen zusammen zu bekommen, sagt die Bezirksstadträtin.

Parkstadt statt Stadtpark

Berlin - Sie schießen wie Pilze aus dem Boden. Seit 1. April sind in Mitte drei neue Parkzonen in Betrieb. Und schon bald könnte im benachbarten Prenzlauer Berg ein weiterer, riesiger Abzock-Bereich hinzukommen.

Die Choriner Straße teilt beide Bezirke. Die Hausnummern 1 bis 64 gehören zu Mitte, die restlichen zu Prenzlauer Berg. Pech nur für die Autobesitzer in Mitte: Bei ihnen ist das Parken seit diesen Dienstag kostenpflichtig, also suchen sie sich ein paar Meter weiter jetzt einen neuen Stellplatz. Richtige Revierkämpfe sind seitdem ausgebrochen. Jens-Holger Kirchner, Stadtrat für Öffentliche Ordnung in Prenzlauer Berg: "Anwohner der Choriner Straße, Templiner Straße und vom Teutoburger Platz haben mich daher gebeten, in unserem Bezirk auch eine Parkzone einzurichten. Sie erhoffen sich dadurch wieder einen Stellplatz vor der Haustür."

Und der Grünen-Politiker hat auch schon genaue Pläne für die Zone in der Schublade. Sie umfasst den Bereich zwischen Mauerpark bis zur Kniprodestraße in West-Ost-Richtung und vom S-Bahn-Ring bis zur Torstraße in Nord-Süd-Richtung. Rund 100 000 Anwohner wären betroffen. Zurzeit wird eine Machbarkeitsstudie erstellt, eine Zählung der Gewerbetreibenden und Touristen vorgenommen. Auf Kiez-Veranstaltungen werden dann die Pläne offiziell vorgestellt. Stadtrat Kirchner: "Eine Anwohner-Vignette kostet nicht mehr als eine Tankfüllung – nicht dramatisch." Im neuen Jahr könnte das Parken somit auch in Prenzlauer Berg kostenpflichtig sein.

R. Gorny

Mittwoch, April 02, 2008

Ein Hauch von NYC soll durchs Tacheles wehen

Die warme Frühlingssonne, die das berühmte Künstlerhaus Tacheles in der Oranienburger Straße in ein goldenes Licht tauchte, mutete wie ein Hoffnungsschimmer an. Martin Reiter, der Chef und Sprecher des Hauses, sitzt in seinem Büro im ersten Stock auf einer zerschlissenen Couch und redet sich mit einer Gruppe von Künstlern den Kopf heiß. Für den gebürtigen Wiener Apparate-Künstler und seine Mitstreiter geht es im Moment um alles: Es muss ein Weg gefunden werden, damit das Tacheles in der Hand der derzeitigen Künstlergruppe bleibt.

Die Chancen stehen 50:50, denn ab Januar 2009 wird hier, an der Oranienburger Straße, ein anderer Wind wehen. Im Klartext bedeutet das, dass der Investor, die Kölner Fundus-Gruppe, mit einem neuen Konzept das gesamt Areal in der Spandauer Vorstadt total umfunktionieren will. In Zukunft soll mehr Luxus das Bild der Stadt in diesen historischen Bereich prägen. Und dieses Vorhaben ist nicht unbedingt die Richtung, die von der Tacheles-Künstlergruppe favorisiert wird. Im Gegenteil. „Mit dieser Lage müssen wir nun zurecht kommen“, stöhnen die Künstler. Überraschend kommt die neue Situation für den 45-jährigen Martin Reiter und seine Mitstreiter nicht. Hat er doch schon im vergangenen Dezember zusammen mit seinen Künstler-Freunden die Kündigung für das Atelier-Haus in Empfang nehmen müssen. „Wir rechneten damit, dass nach zehn Jahren der Investor unseren Nutzungsvertrag nicht verlängert“, sagt der langhaarige Künstler, der seit 1993 in Berlin wohnt.
Der Vertrag läuft aus.

Tatsächlich war seit Langem klar, dass der Vertrag ausläuft, der 1998 mit Fundus geschlossen wurde. Für damals eine Mark – heute 50 Cent – pro Monat durften die Künstler das ehemalige Kaufhaus für ihre Ateliers nutzen. „Seitdem war hier immer etwas los“, freut sich Martin Reiter, „jährlich haben wir mehr als 300.000 Besucher.“ Touristen, und die vor allem, konnten und können hier an der „Oranienburger“ ein Stück Berlin schnuppern. Hier, wo sich bei eintretender Dunkelheit die Damen vom Straßenstrich tummeln, hier, wo man draußen vor den Lokalen sein Bier trinken kann, ist ein Stück gefühltes Berlin gegenwärtig. Alles ein wenig verrucht, ein wenig Kunst, alles ein wenig schmuddelig – aber schön. „Ja, und dazwischen ist unser Tacheles“, meint Martin Reiter, „und dafür kämpfen wir weiter".

Das wird auch nötig sein, denn Fundus plant an dieser Stelle der Stadt ein anderes Quartier. Der Investor will genau das Gegenteil des Bestehenden, nämlich hier soll ein Stück New York entstehen mit einem Hauch von Luxus. Für das Tacheles soll und muss natürlich Platz sein, denn es steht schließlich unter Denkmalschutz und darf nicht abgerissen werden. „Das wollen wir auch nicht“, meint Fundus-Sprecher Johannes Beermann. Doch das Künstlerhaus soll doch ein wenig anders werden – nicht mehr ganz so alternativ, einfach ein wenig schicker – so ist zu hören.
Martin Reiter, der Künstler Henry Aguirre aus Kolumbien oder der englische Kollagentechniker Tony Sykes werden es schwer haben, ihr eigenes Nutzungskonzept dem Investor schmackhaft zu haben. „Im Prinzip wird es nicht anders sein, als unser bisheriges Schaffen“, meinen sie, „doch Miete werden wir auch zahlen. Daran soll es nicht scheitern.“ So wollen die Tacheles-Künstler entweder eine GmbH oder Stiftung gründen, damit die Zukunft gesichert ist.

Ob das ausreicht? Fundus hat andere Pläne – und die sind konkret. Auf dem Gesamtgelände wird ein Hotel gebaut sowie ein neues Quartier nach New Yorker Vorbild entstehen. Zwar wird das unter Denkmalschutz stehende Tacheles-Gebäude in den Gesamtkomplex integriert, doch der marode, brüchige Charme des Hauses wird verschwinden. „Das Tacheles bleibt auf jeden Fall ein Haus für Künstler, doch es werden wohl andere sein, als bisher“, signalisiert Fundus-Sprecher Johannes Beermann. Genauer wollte er sich nicht äußern, bemängelte aber, dass die Künstler des Hauses bisher noch nichts an Vorschlägen vorgelegt hätten.
Die Pläne des Investors für das Gesamtareal an der Oranienburger Straße sind indes beeindruckend.

Und: Sie verändern das Bild der Oranienburger Straße: Statt wie bisher ein wenig (gewolltes) Schmuddel-Flair mit täglichen Wagenladungen von Bus-Touristen, die „ein Stück altes Berlin“ erleben wollen, wird in Zukunft Luxus das Bild prägen. Schon seit einiger Zeit versucht beispielsweise die Edel-Gastronomie "Lutter & Wegner" ihr Glück in unmittelbarer Nähe des Tacheles – in der Oranienburger Straße 52. Sie wird sich freuen, wenn bald ein „Hauch von New York“ in die Spandauer Vorstadt einkehrt.

„Leben bis vier Uhr morgens, direkt vor der Haustür“, lautet nämlich die Vision der Fundus-Gruppe. Eine Luxus-Wohnanlage mit Service-Leistungen eines benachbarten Hotels (dort, wo im Moment die Freifläche in Richtung Tucholskystraße ist), ausreichend Stellplätze für Autos und ein Wochenmarkt in unmittelbarer Nähe plus eine Portion Kunst sind geplant.
Investor plant "Hauch von New York"

Den Masterplan für das Areal hat das Architektenbüro DPZ (Duany Plater-Zyberk) aus Miami entwickelt. In einer Bauzeit von drei Jahren sollen für rund 500 Millionen Euro insgesamt 24.500 Quadratmeter Wohnfläche, 34.500 Quadratmeter Büro- und 17.000 Einzelhandel-, Gastronomie- sowie Hotelfläche (5-Sterne-Business-Hotel) entstehen. Ein wenig wolle man die Hackeschen Höfe zum Vorbild nehmen.

Mit zwei aufeinander folgenden Höfen soll an der Friedrichstraße nach dem Masterplan der Bau der „Tacheles-Höfe“ beginnen. Ein zehnstöckiger Wohnturm soll hier „wie ein Ausrufezeichen“ den Mittelpunkt bilden. In den Obergeschossen liegen Büros, ganz oben über der Berliner Traufhöhe von 22 Metern sind zurückgesetzte Wohnungen vorgesehen. Die heutige Freifläche hinter dem Tacheles wird in Zukunft weitgehend überbaut sein.
Schlagworte

Tacheles Künstlerhaus Oranienburger Straße Fundus-Gruppe Luxus
Allerdings werden zwei kleinere Freiflächen die Rückfront des Kunsthauses bilden. Johannes Beermann: „Hier könnten im Sommer Konzerte, Straßentheater-Aufführungen oder ähnliches stattfinden. Natürlich in Zusammenarbeit mit den Künstlern des Tacheles.“ Schließlich sei das Haus zu einer internationalen Marke geworden. „Von den jährlich rund 300.000 Besuchern kann das neue Quartier profitieren“, schwärmt der Sprecher. Als „Herz“ des Masterplans haben die US-Architekten den trapezförmigen Augustplatz auserkoren, der schräg von der Oranienburger Straße in Richtung Süden abgeht. Rund 160 luxuriöse Eigentumswohnungen mit 80 bis 300 Quadratmetern entstehen, 5-Sterne-plus-Hotel.

Für Martin Reiter und seine Künstler ist die Planung kein Grund zur Aufgabe. „Die Menschen, die täglich kommen, wollen Künstler zum Anfassen. Bei uns geht es ungezwungen zu. Das ist unsere Stärke“, sagt er. Galerien und Ateliers der gehobenen Art hätten auch ihren Platz, meint er, doch nicht unbedingt an dieser Stelle der Stadt, „nur einen Steinwurf vom legendären Scheunenviertel entfernt“. Die Künstlergruppe des Tacheles will nicht aufstecken. Die Frühlingssonne nahmen sie als „leuchtende Fackel der Hoffnung“. Warten wir ab – ob Fundus mitspielt.