Donnerstag, Mai 15, 2008

Mauergeschichten

Am 15. Mai 1985 wurde Cliewe Juritza, heute Inhaber von Cliewe Stadtführungen, von der Bundesrepublik Deutschland aus der DDR-Haft freigekauft. Sein Vergehen damals war: mehrfacher versuchter und in einem Fall die Vorbereitung zum ungesetzlichen Grenzübertritt – sprich, Juritza hat versucht aus der DDR zu fliehen.

Für diesen gescheiterten Versuch wurde er 1984 zu 12 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. „...die Handlungen des Angeklagten [sind] eine schwerwiegende Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin, so daß nur mit einer Freiheitsstrafe reagiert werden mußte“, hieß es in der Urteilsbegründung.

Warum Juritza letztendlich einer der etwas mehr als 30.000 freigekauften politischen Häftlinge wurde ist schwer zu rekonstruieren.

Ein Eintrag in seiner Haftakte am 3. Mai 1985 bestimmt den Tag der Haftentlassung auf den 15.5.1985. Das sind zwei Monate vor Ende der einjährigen Haftstrafe. Begründet wird die vorzeitige Haftentlassung damit, „daß der Verurteilte die notwendigen Schlußfolgerungen gezogen hat und künftig die Gesetzlichkeit der DDR nicht wieder verletzen wird.“

Anfang Mai wird Juritza von seinem Arbeitsplatz in der Haftanstalt in Halle abgeholt. Man bedeutet ihm, seine Sachen zu packen. „Geht’s jetzt ab?“ fragt der damals 19jährige hoffnungsvoll einen der Gefängniswärter. Der darf nichts sagen. Als Juritza sich nach einem Transport im Gefängnis in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) wiederfindet, weiß er Bescheid.

Er sitzt in Abschiebehaft und schreibt einen Brief an seine Familie. „Wenn ich aus Karl-Marx-Stadt schreibe, dann geht es mir gut“, hatte er bei dem letzten Besuch im Gefängnis in Halle zu seiner Schwester gesagt. Am 15. Mai 1985 besteigt er zusammen mit anderen Häftlingen einen Reisebus, der sie zur Grenze nach Marienborn fahren wird. Als der Bus schließlich über die Grenze in die Bundesrepublik fährt, herrschen Erleichterung und Freude. „Entlassung nach BRD“ heißt der Beginn eines völlig neuen Lebens lapidar in den Akten der Haftanstalt Halle:


War die Berliner Mauer wirklich unüberwindlich? Wo war die Mauer überhaupt? Wie lebte es sich in der DDR? Wie war es im Gefängnis? Das sind Fragen, die Cliewe Juritza in seinem Buch „Als die Berliner Mauer noch kein Denkmal war“ und seinen Stadtführungen an der Berliner Mauer und durch Prenzlauer Berg beantwortet. Die nächsten Führungen von Cliewe Stadtführungen durch Prenzlauer Berg und entlang der Bernauer Straße finden statt am 17. und 18. Mai.

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