Ich habe gestern ein tolles Buch durchgelesen, das ich zum Geburtstag geschenkt bekommen habe: Berliner Mietshaus von Irina Liebmann. Sie hat Anfang der Achtziger Gespräche mit den Mietern eines Wohnhauses in der Nähe der Pappelallee geführt und die Gesprächsprotokolle anonymisiert zu Papier gebracht. Ich war beeindruckt, wie gegenwärtig zu dieser Zeit noch die Erinnerungen an die NS-Zeit waren. Besonders bewegt hat mich das Gespräch mit einer alten Frau, die erzählt, wo sie damals immer einkaufen war und wie sie dann Tag für Tag zusehen musste, wie die Verkäuferinnen, die sie seit Jahren kannte, am hellichten Tage abgeholt und auf LKW geschmissen wurden und nicht mehr zurückkamen.
Als ich gestern durch die Kollwitzstraße lief, wurde mir dann ganz anders.
Vor einer Pizzeria standen sieben oder acht Fahrzeuge vom Zoll. "Zoll-stoppt-Schwarzarbeit" stand auf den Autos. Ein paar Uniformierte, ein paar Herren in zivil taten auffällig unauffällig. Die Tür zum Pizzaladen stand weit offen. Im vorderen Ladenteil war niemand zu sehen. Also spielte sich wahrscheinlich alles in den Hinterzimmern ab. Mir war richtig schlecht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen