Montag, Oktober 31, 2005

Heute vor 11 Jahren

... habe ich das erste Mal Halloween gefeiert. Ich war grad im Südosten von Missouri, hatte mir bei Walmart eine Gummimaske gekauft, die ein bisschen aussah wie eine Mischung aus dem verwesten Konrad Adenauer und den sterblichen Überresten von Wilhelm Pieck. Ich fand das lustig.

Abends bimmelte es im 5-Minuten-Takt an der Tür. Ich setzte die graue Maske auf, öffnete die Tür, ignorierte das Trick-or-Treat-Geplärre und schaufelte großzügig die Süssigkeiten aus den Papiertüten der verkleideten und dennoch etwas irritiert dreinguckenden Quälgeister. Heute würde ich das nicht mehr machen. Heute kommt auch keiner klingeln.
Irgendwie ist Halloween in Göttingen noch nicht angekommen. Auch kein Mattnmattn Herrn. Nur im Paulaner Hofbräuhaus wird heut St. Martinstag gefeiert und das Cinemaxx zeigt Gruselfilme. Das werd ich mir doch mal reinziehen.

Vor ein paar Jahren erreichte der Halloween-Hype auch das ostbrandenburgische Wegendorf. "Gib uns Süßes, sonst gibt's Saures!", eine doofe Übersetzung des Originals. Keine Klopapierrollen über den Dächern, keine Gerüchte von Rasierklinken in Keksen.
Uwe und ich zogen unsere coolen Tarnklamotten über, setzten unsere Hassis auf und klapperten die Wegendorfer Reihenhaussiedlung ab.
Unsere Ausbeute war dann doch eher mager. Vielleicht hätten wir unsere Runde noch vor 23 Uhr drehen sollen?

Graz goes eGov

Vor einigen Wochen startete die Hauptstadt der Steiermark ihr elektronisches Verwaltungsportal eGraz. Nur ein Jahr brauchte die Stadt von der Umsetzung des ersten Prototyps bis zur offiziellen Freischaltung der Seite. Barrierefreiheit, Transparenz, Sicherheit und Datenschutz sind die Grundsäu-len des Projektes. Ein besonderes Kooperationsmodell lässt Bürger, Wirtschaft und Verwaltung gleichermaßen von eGraz profitieren.
Zum vollständigen Artikel hier.

Berlin: Freie Radio-Initiativen treffen sich

Seit Jahren engagieren sich Menschen in Berlin und Brandenburg für ein freies, nichtkommerzielles Radio. Bisher ohne dauerhaften Erfolg. Wenn eine nichtkommerzielle Sendelizenz in den Medienstaatsvertrag beider Länder integriert werden könnte, gäbe es doch noch eine Chance.

Foto: Action-Samba, TFH Berlin

Berliner und Brandenburger Initiativen für ein freies Radio in der Region treffen sich deshalb vom 04.-06. November 2005 im ausland-berlin.
Dabei geht es nicht nur um die Erörterung der eigenen Ansätze und Ziele. Im Mittelpunkt steht die Ändererung des aktuellen Medienstaatsvertrages. Eine nichtkommerzielle Sendelizenz könnte der Startschuss für ein subkulturell geprägtes, freies Radio sein. In anderen Bundesländern sind freie Radios seit vielen Jahren fester Bestandteil der Medienlandschaft. Die Änderung des Staatsvertrags kann aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen nur zustandekommen, wenn Berlin und Brandenburg kooperieren.

Fundstück

"Hier ein netter Erfahrungsbericht einer enttäuschten Birne aus einem sächsichen Naziforum:

"Dann,ein Bahnhof hinter Seesen kommt die durchsage als der Zug stand "Unsere Abfahrt verzögert sich um ein paar Minuten",
heutzutage ja nichts besonderes also bliben wir ruhig sitzen und warteten (...)dann sah ich aus dem Fenster und sah das Grauen,ca 200 - 250 Antifa´s die geradewegs auf unseren Zug zumaschierten (...) gingen wir schnell in das vorletzte abteil von vorne,weiter ging es nicht mehr da uns da schon ein paar Idioten endgegen kamen,also setzten wir uns alle nah beieinander zusammen und warteten nodgedrungen ab (...) Natürlich vielen wir durch Kleidung und Aussehn ins Auge,also begangen die Beleidigungen gegen uns,man konnte sich so einigen kreativen Blödsinn anhören z.B. "Wo sind den nun eure Arischen Tugenden wie Mut!?" ein toller Spruch bei einen Zahlenverhältnis von 11 zu 200 -250,
nachdem dann die Beleidigungen gegen uns,unsere Famielen,unsere Kameraden,unsere politische Meinung usw. immer heftiger wurden,
fingen die Chaoten an mit Eisenstangen,die sie als Fahnenstab benutzen,Holzstöckern usw. auf Sitze und Metallflächen zu klopfen, nach einigen hin und her und nachdem sie versuchten uns an irgend einen Bahnhof rauszuschmeißen,versuchten sie dies beim nächsten wieder,sie zogen einige unserer Kameraden hoch und schoben sie zum ausgang,andere wurden dabei geschlagen,abgespruckt oder getreten. Wir sollten also alle durch den vordersten Ausgang direkt hinter dem Fahrerhaus rausgeschmissen werden,in dem kleinen Abteil hilten sich zwei Polizisten auf,diese sollten wohl die 250 Antifa´s Chaoten in Schach halten ,wir sprachen sie an und erklärten ihnen was los war,die einzige Äußerung dazu war "Selber Schuld",wirklich ganz toll. Drei Kameraden waren nun schon ausgestiegen wir aber blieben in dem kleinen Abteil,der nun provesorisch von einem Polizisten abgesperrt wurde.""

Sonntag, Oktober 30, 2005

Left-right-left, the military step


Der Bahnhof ist voller Menschen. Es sind so viele. Im Hintergrund die Nazideppen. In der Mitte die Miliz, vorne die antifaschistischen FrühaufsteherInnen
Foto: activist, indymedia



Ja,ja, is' klar, dass man gerade von mir auch einen Kommentar zu den Ereignissen in Göttingen am vergangenen Samstag erwartet. Ich bin nicht der Aufforderung der Chefredakteurin des Göttinger Tageblattes gefolgt.
Statt den Nazis (in Mainstream Medien immer auf die NPD reduziert) einen Strich durch die Rechnung zu machen und ihre Marschroute zu blockieren, solle man sich doch lieber entlang der Strecke schweigend mit dem Rücken zur Strasse stellen. Ãœber soviel Naivität konnte ich nicht einmal mehr lachen. Das angekündigte Anti-Nazi-Frühstück war ein Witz. Keine Brötchen, kein Kaffee, nur ein paar antifaschistische FrühaufsteherInnen.


Miez miez, that's the sound of the Miliz

Insgesamt beteiligten sich etwa 7000 Menschen an der Demo und den Aktionen gegen den Naziaufmarsch. Das sind meine Schätzungen. Die offiziellen Zahlen liegen weit darunter. Ich hab nur eine Verhaftung gesehen. Das Göttinger Stadtradio hat die ganze Zeit live berichtet. Das war ganz cool. Wo ich war, hat nichts gebrannt. Die regionale Anzeigenzeitung Tipp titelt heute mit "Strassenkampf und brennende Barrikaden".
Wenn auf'm Dorf mal drei Mülltonnen brennen, schmettert die kostenlose Lokalpresse gleich Bürgerkriegsmeldungen raus.
Jetzt ist es wieder ruhig in der Bratwurst- und Unimetropole.

Freitag, Oktober 28, 2005

Unwort des Tages

Wurst-Käs-Szenario

Mittwoch, Oktober 26, 2005

Fliegerschule Stasi Behördenzentrum

Suhl war eine Stasi-Hochburg ehemalige Bezirksleitung fes MfS, davor Fliegerschule der Nazis, jetzt Behoerdenzentrum, Autowerkstatt, Tankstelle und Sportplatz





Die Kreisstadt von einst - Die Provinz von heute

Suhl Maxim-Gorki-Strasse Foto: Jens Steiner







Suhl, Maxim-Gorki-Strasse 2005. Foto: Jens Steiner



Gross und grau ist er, der alte Busbahnhof. Eine Minute vom richtigen Bahnhof zu Fuss. Nur wenige Wartende. Vielleicht weil Sonntag ist. Vielleicht weil bei den Suhlerinnen und Suhlern grad das Mittag auf dem Tisch steht. Das Panorama-Hochhaus, damals ein Prestigebau, wurde geköpft und mit einer schlichten, grauen Fassade versehen. An der Stadthalle wirbt ein Transparent für ein Konzert für ältere Menschen. Anlass ist der 60. Geburtstag der Volkssolidarität. Das war neben dem DRK der einzige grosse Wohlfahrtsverband in der DDR.

Aus dem Centrum-Warenhaus mit der tollen Fassade und der geschlungenen Treppe wurde Kaufhof und Kaufhof hat dicht gemacht. Des einen Leid ist des anderen Freud. Ein Schnäppchencenter hat sich davorgesetzt. Der Teich im Zentrum wurde fast vollständig abgelassen und abgefischt. Keine FontÄne. Keine Karpfen. Enten watscheln durch den Schlamm und ahnen nichts von ihrem baldigen Tod. Die Vogelgrippe kommt. Das Titelthema der Thüringer Landeszeitung.

Der schönste Waldbrand auf der ganzen Welt

Foto: Jens Steiner










Die Suhler Schweiz.
Foto: Jens Steiner


Feuerrot und gleissend hat sich der herbstliche Thüringer Wald gefärbt. Nebelglocken hängen wie Rauchschwaden über den bauchigen Bergen. Den Bummelzug mit den grünen Waggons gibt es nicht mehr, den Berlin-Rom-Express auch nicht. Ein feuerwehrroter Triebwagen schiebt sich jetzt durch den Tunnel vor Oberhof. Seit 15 Jahren war ich nicht mehr in Suhl. Am vergangenen Wochenende begab ich mich auf die Spuren meiner Kindheit. Das Leben der einstigen Kreisstadt ist verpufft.

Dichtung und Wahrheit

Krieg und Frieden. Schuld und Sühne. Ost und West. Hinz und Kunz. Max und Moritz. UdSSR und USA. Klaus und Klaus. Leben und Tod. Tag und Nacht.

Rap und Hip Hop. Jazz und Blues. Funk und Soul. Park und Ride. Bonny und Clyde. Marx und Engels. Lenin und Stalin. Jens und Mareike. Jing und Jang. Kaffee und Kuchen. Milch und Zucker. Salz und Pfeffer. Elmex und Aronal. H und M. Freund und Feind. Funk und Fernsehen. Flüsse und Seen. Nudossi und Nutella. BP und Aral. Topf und Deckel. Fisch und Chips. Brot und Butter. Teller und Tasse. Liebe und Hass. Obst und Gemüse. Brot und Brötchen. Jungen und Mädchen. Pfeil und Bogen. Uwe und Norman. Wehrdienst und Zivildienst.

Bassdrum und Snare. Stute und Pony. Mord und Todschlag. Neid und Gier. Angst und Schrecken. Russisch und Polnisch. Bosnien und Herzegovina. Asien und Europa. Bush und Bin Laden. Republikaner und Demokraten. SPD und CDU. Wilma und Alpha.

Weblogs und Wikis. Gruner und Jahr. Fischer und seine Frau. Tom und Jerry. Schneeweißchen und Rosenrot. Tote und Verletzte. Gut und Böse. Hin und Her. Import und Export. Schule und Studium. Geld und Arbeit. Liebe und Sex. U-Bahn und S-Bahn. Savas und Mel. Erich und Margot. Opfer und TÄter.

Rebel und Tomekk. DT64 und Radio 4U. Schlager und Volksmusik. Gauner und Sido. Pyranja und Schattenmann. Steiner und Cat Stevens. Willy Stoph und Hermann Axen. Seb und Nicki. Andre Langenfeld und Tim Westwood. Drogen und Alkohol. Rotkäppchen und der Wolf. No Kluc und Kuttner. Mutti und Papa. Propsernte und Prügelkotze. Pioniere und FDJler.

ARD und ZDF. A-HA und Modern Talking. Damen und Herren. Bund und Länder. Schröder und Putin. Honecker und Kohl. Mütze und Handschuh. Kunst und Kultur. Mauer und Stacheldraht. Konsum und HO. Tipps und Trends. Schusterjungen und Hurenkinder. VIVA und MTV. DDR 1 und DDR2. ORB und MDR. Kinderkrippe und Kindergarten.

Wolf und Rüffel. Fuchs und Elster. Matze und Rich. P-Berg und F-Hain. Blüte und Verfall. Bruno und Maria. NWA und Public Enemy. NKOTB und Depeche Mode. Skyper und Telmi. Ex und Hopp. Bagman und Dehf. Suse und Debian. Gold und Öl. Mozilla und Firefox. Mc Donalds und Burgerking. ZerstÖrung und Wiederaufbau. Spoa und Fresk. Adam und Eva. Hericht und Preil. Hegel und Kleist. Gladrow und Chomsky. Glück und Pech. Umsatz und Gewinn. Spot und Hohn. Mensch und Maschine.

Tauben und Spatzen. Flugzeug und Schiff. Gänse und Enten. Kopf und Kragen. Hirn und Verstand.

Time 2 get up!



Janelle Renée kommt aus der Bay Area. Auf ihrem Weblog Just thoughts teilt sie der ganzen Welt mit, dass ihr Wecker kaputt ist. Blogs sind toll. Alle bekommen eine Stimme und die reicht manchmal auch von San Francisco bis Berlin Prenzlauer Berg.



So spÄt ist es wirklich in BerlinPrenzlauer Berg.

Hier spielt die Musik

Die kostenlosen Download-Seiten im Netz sind "rar" geworden. "rar" kennt man als Endung für das Format des Real Players. MundoMP3 nennt sich ein brasilianisches Weblog, auf dem man Zugriff auf die Musik von Rock & Alternative-Legenden der letzen Jahrzehnte bekommt. Mich interessieren dort maximal die Beasty Boys, Marvin Gaye, The Cure und Jonny Cash (Rick Rubin).

Dienstag, Oktober 25, 2005

Oh mein Gott

Wie konnte das geschehen? Was hat Göttingen nach nur zwei Monaten aus diesem netten, jungen Berliner gemacht?
Verwahrlost und verwildert


Sehen Sie selbst!
VORHER





...und NACHHER

Wie konnte es so weit kommen?
Fotos: Jürgen Bartz

Montag, Oktober 24, 2005

Die Appel-Apfel-Grenze

98 Jahre Arbeit stecken im Thüringischen Wörterbuch. 2007 sollte das Jahrhundertwerk der Uni Jena fertig sein. Nun wurde vom Land die Kohle gestrichen. Beamte und Politiker sind weder Sprachforscher noch Historiker. Ihnen fehlt das Verständnis für die Bewahrung von solch regionalem Kulturerbe. Die Zeiten der Trachten sind zum Glück vorbei. Wer will heute schon noch in unpraktischen Klöppelklamotten rumrennen? Die Sprache ist das Einzige, was die Menschen in der Region noch von anderen unterscheidet. Fünf thüringische und zwei fränkische Dialekte gibt es in Thüringen. Durch das Thüringische Wörterbuch konnte auch die Appel-Apfel-Grenze bestimmt werden.
Wenn dieses über drei Generationen gewachsene Projekt nicht regulär abgeschlossen werden kann, verschwinden hunderttausende wertvolle dialektale Vokabeln wie Kletsche, Hippe, quutschen im Nüscht!

Samstag, Oktober 22, 2005

Göttinger wären gern Berliner



Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man mit offenen Augen durch Göttingens Straßen geht. Da gibt es die Friedrichstrasse, die Prinzenstrasse und die Gartenstrasse und dazwischen Aufkleber wie "Yorck bleibt!" oder Street-Art Plakate mit revolutionärem Touch, auf denen UNSER Fernsehturm nur schwer zu übersehen ist.

Teenie-Dienstpflicht! Das geht ja gut los!

Der designierte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) macht sich gleich beliebt. Er fordert eine allgemeine Dienstpflicht für junge Erwachsene beiderlei Geschlechts. Sein Vorstoß kam erstmal nicht so gut an und scheiterte am Freitag, aber was einmal ins Gespräch kommt, wird oft langfristig wirklich auf den Weg gebracht. Laut rbi-aktuell soll in den Koalitionsverhandlungen nicht weiter darüber gesprochen werden.

Freitag, Oktober 21, 2005

Links ist nicht immer gleich keimig

Lieblose Transpis, blinder Aktionismus und Geheimdienst-Para, Bleiwüsten auf Pamphlet-Flugblättern, Spaltung, keimige Klos, reudige Vokü, endlose Plenen und gegenseitige ismus-Vorwürfe, ja ja die Linken.
Nee, nee, diese Schubladen sind nicht repräsentativ.
Neulich war ich im Zeitschriftenladen und stieß auf ein Journal, dass mich zuerst an das (nicht immer) gute (aber) alte Time Magazin aus Amiland erinnerte. Ein betupfter Bush war auf dem Cover. "A crack in the facade" lautete die Fusszeile. Ich musste schmunzeln.



Ja, ja, die guten alten Adbusters aus Kanada. Ich hab noch nie 18 Euro für ein Magazin ausgegeben. Die waren es mir aber wert. Wenn ich irgendwem gesellschaftliche Impulse zutraue, dann denen.

Eine 120.000er Auflage hat das Heft mittlerweile. Zwei Drittel der Leserschaft lebt in den USA. Das Adbusters Magazin ist ein wahres journalistisches und gestalterisches Kunstwerk, von der ersten bis zur letzten Seite.
Eine bildreiche Sprache, geschmackvolle Typo, durchdachtes Layout und ästhetische Fotografien. So verleiht man Inhalten eine angemessene und ansprechende Form.
Das ist Medienaktivismus, keine Salon-Linkstümelei. In meinen Augen haben die Adbusters "a greater impact on society" als herkömmliche Black Block Demos, Flugi-Verteilaktionen und Solipartys jemals hatten.

Denk ich an Deutschland in der Nacht

Pantheon rococó kommen aus Mexiko, machen tolle Musik und füllen auch in Deutschland große Hallen. Auf der Autobahn-Raststätte Linumer Bruch im Norden von Brandenburg wurden sie am vergangenen Sonntag von rechten Dorfdeppen überfallen. Ein Bandmitglied wurde verletzt.

Indymedia
Frankfurter Rundschau
Berliner Kurier
rbb

Aus für Löwenzahn mit Peter Lustig. ARD abschalten!

Kinderkriegen lohnt nicht mehr, Fernsehen auch nicht. Nach 25 Jahren lief am letzten Sonntag das letzte Mal Löwenzahn mit Peter Lustig. Nie wieder Rosalie das Trüffelschwein. Nie wieder Herr Paschulke. Ach nee, der Herr Nachbar wird nie wieder an der Bauwagen-Optig rumnörgeln.

Moskau schiebt Para vor Papageienkrankheit

Glosse Keine Angst! Es ist nicht die Papageienkrankheit, die Moskau ereilt. Nur die Vogelgrippe macht sich vom Süden her an die 13-Millionenstadt heran. Die Notfallpläne können da getrost in der Schublade steckenbleiben.

Alle meine Entchen

Die Zugvögel aus Sibirien schleppen den tötlichen H5N1 Virus ein. In den nächsten 24 Stunden werden erstmal die gefiederten Insassen von sechs Geflügelfarmen in den Tod getrieben und eine Ortschaft unter Quarantäne gestellt. Es sind in erster Linie die lieben kleinen Entchen, die den tödlichen Virus durch die halbe Welt schleppen.


Die sympathische Entenlady von damals, wird sie nun ein Symbol des Todes?

Schnatterinchen nicht mehr pc
Die gesundheitspolitischen Folgen werden überall heiß diskutiert, doch auch die Bildungs- und Medienpolitik sind durch die Katastrophe in eine schwere Krise geraten
Sind Pittiplatsch und Schnatterinchen noch PC? Sollen wir die Sandmännchen-Folgen mit dem harmlos niedlichen Todesboten Schnatterinchen nicht lieber off air nehmen?
Soll in deutschen Kindergärten weiter das leichteste und vielleicht auch schönste Kinderlied unserer Sprache gesungen werden? Alle meine Entchen, ...

Donnerstag, Oktober 20, 2005

Werbefreier Regen

Das klingt nach schrecklicher Zukunftsmusik, nicht in Japan. Dort könnten ungesponsorte, feuchte Regentropfen bald zur ungewollten Randerscheinung werden, zumindest in Gebieten, in denen sich kaufkräftiges Publikum aufhält. Regentropfen prasseln auf die Erde nieder. Nass ist es nicht. Man wundert sich, öffnet neugierig die Handflächen und streckt sie auf Brusthöhe gen Himmel.


Bong oder Bäng?
Japans neuer Werbe-Regen ist nicht nass, aber ekliger als Kaugummi.


Reingefallen! Just in diesem Augenblick wird eine Werbebotschaft auf die Hände projeziert. Einmal in die Falle getappt, kommt man nicht so schnell wieder frei. Innerhalb einer bestimmten Reichweite verfolgt eine Kamera im Projektor das Werbeopfer. Man kann die Position der Hände ändern wie man will, das Logo oder der Werbespruch bleiben kleben wie Kaugummi.

Den Prototyp dieses Projektors gibt es bereits. Entwickelt hat ihn das Cyber Solutions Labor der ehemals staatlichen Telefongesellschaft NTT (Nippon Telegraph and Telephone).
Mit "perfekter Anziehungskraft auf Kundinnen und Kunden" wirbt das Unternehmen. Eine Nachricht auf dem Körper würde Menschen schneller davon überzeugen, dass sich die Botschaft an sie richtet, behauptet der Ex-Telekom-Monopolist NTT. Auch könnte dieses System Kunden direkt zu einem bestimmten Geschäft führen. Ob sich hier kurzfristig solche High-Tech-Kreidestriche und Klebezettel etablieren, möchte ich noch bezweifeln.

Die kleinste Sowjetunion der Welt

Belarus und Russland wollen zusammenkommen, schon seit einigen Jahren. Ich hatte nie den Eindruck, dass die Bevölkerung beider Länder so begeistert von den Plänen auf höchster Ebene ist.


angelehnt an alte BSSR-Zeiten, das Staatswappen der Republik Belarus

Wird es jetzt ernst? Gibt es bald eine Sowjetunion Mini Edition? Heute trifft sich in Moskau die Kommission zur Herstellung eines russisch-weißrussischen Unionsstaates. Ob das was wird? Heute soll ein erster Verfassungsentwurf ausgearbeitet werden. Ende November soll es nochmal eine auswertende Tagung geben.


So sah es früher aus. Hammer und Sichel wurden durch die Landesumrisse ersetzt. Das Schmuckband des Ährenkranzes wurde von rot auf die neuen Landesfarben rot und grün umgestellt. Die Marx-Zitate "Proletarier aller Länder vereinigt Euch!" usw. verschwanden.

Sergej Antufjew ist stellvertretender Chef des sogenannten "Staatsduma-Ausschusses für GUS-Angelegenheiten und Beziehungen mit den Landsleuten". Wenn es nach ihm ginge, könnte die Verfassung schon nächstes Jahr durchgewunken werden. Ganz ohne Volksabstimmung geht es aber nicht. Die soll im Herbst 2006 durchgeführt werden. Doch selbst wenn die Verfassung in Kraft tritt, würde es noch ein paar Jahre dauern, bis russisch-weissrussischen Unionsstaates wirklich umgesetzt werden kann.


Quelle: vexillography.narod.ru

Angriff der Clown-Armee im Wolkenland



Wer weiß schon wo Aotearoa liegt? Da wo im Sommer Winter ist und sich der Abflussstrudel andersrum dreht. Aotearoa heißt soviel wie Land der langen weißen Wolke. Wir kennen es nicht, Rüstungsunternehmen und Militärdienstleister schon. Sie heißen Halliburton, General Dynamics oder Lockheed Martin. Seit dem 18. Oktober findet dort eine jährliche Konferenz von Private Military Companies (PMC's) und Waffenherstellern statt, meist gekoppelt an beeindruckende Präsentationen.



Beeindruckend war auch die Protestwelle gegen das Event in diesem Jahr. Die Konferenzteilnehmer hatten das Vergnügen eines Meet and Greets mit etwa 70 militanten Clowns der Clown-Armee.



Die spassigen Kämpfer waren gut gedrillt und blockierten bei Präsentationen Panzern den Weg und rissen Kongressteilnehmer aus ihrem unschuldigen Schlaf, wie richtige Soldaten.
Mark Burton, den neuseeländischen Verteidigungsminister, ließen sie einige Stunden in seinem Dienstwagen festsitzen.


Fotos: Gapher, indymedia aotearoa

Mittwoch, Oktober 19, 2005

Castor rollt am Totensonntag

Nach Polizeiplanung soll der CASTOR-Tansport con La Hague nach Gorleben am Totensonntag (19./20.November 05) rollen. Nach Informationen der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg (BI) sind die ursprünglich für den 5. November geplanten
Castortransporte um zwei Wochen verschoben worden.
Nähere Informationen hier und hier.

Dienstag, Oktober 18, 2005

Ein halbes Jahr bist Du nicht da

Vor einem halben Jahr haben wir uns zum letzten Mal gesehen. Ein halbes Jahr auf dem Kalender. Manchmal fühlt es sich an wie eine halbe Woche, manchmal wie eine halbe Ewigkeit und ich muss mir ganz schön auf die Lippen beißen, um zu ertragen, dass das letzte Mal auch wirklich das letzte Mal war. Du warst immer mit dabei und es gibt nur wenige Orte, an denen wir nicht gemeinsam waren. Du fehlst hier, nicht nur mir.


Ernst-Thälmann-Park, Berlin Prenzlauer Berg,
Foto: Uwe Zels (26. Mai 1978 - 19. April 2005)

Was wird aus Familie Kutlu?

In Neuruppin ist die Familie Kutlu ganz gut integriert. In ihrer kurdischen Heimat in der Türkei haben sie es schwer. Ihnen droht Verfolgung und Inhaftierung. Seit 9 Jahren leben sie in der Fontane-Stadt im Norden Brandenburgs. Nun soll die kurdische Familie in die Türkei abgeschoben werden.



Im September hat der Landkreis die Abschiebung der Familie Kutlu vorerst ausgesetzt. Landrat Christian Gilde folgte einer Bitte des Potsdamer Verwaltungsgerichtes. Dort liegt ein Eilantrag des Anwaltes der Familie Kutlu, Rolf Stahmann vor. Der hatte bemerkt, dass ein Gesetzestext vom Kreis falsch interpretiert wurde. Auf der Seite Kutlubleibt.de werden zur Zeit Unterschriften gegen die Abschiebung der Familie gesammelt, denn wenn öffentliches Interesse vorhanden ist, kann eine Abschiebung aufgeschoben oder sogar ausgesetzt werden. Nach vielem Hin und Her wird sich nun der Landrat mit der Problematik auseinandersetzen müssen.

Regierungspodcast-Oh yeah!

Man, haben wir eine hippe Bundesregierung. Besonders cool gibt sich das Bundesministerium für Wirtschaft. Das gibt jetzt Existenzgründer-Tipps für den MP3-Player. Die 3-Minuten-Audio-Happen mit allgemeinen Grundinfos kann man sich hier runterladen.

Samstag, Oktober 15, 2005

Warum ich keinen Alkohol trinke

werde ich immer wieder gefragt. Ich will einfach nicht enden wie die armen Opfer auf Betrunkene-Dekorieren.de.


Opfer 1


Opfer 2


Opfer 3


Opfer 4


Opfer 5

Darum trinke ich keinen Alkohol.

Freitag, Oktober 14, 2005

Heute erschienen! Die Göttinger Wochenzeitung

Heute war es dann soweit. Die erste kostenlose Sonderausgabe der Göttinger Wochenzeitung rollte aus dem Druck.


Download als pdf hier

Als erste genossenschaftlich organisierte Lokalzeitung Deutschlands soll die Göttinger Wochenzeitung ab Januar regelmäßig erscheinen. Dazu sind noch einige AbonnentInnen und AnteilszeichnerInnen nötig.
Wer freie, kritische und unabhängige Medien unterstützen möchte, kann das hier tun.

Die erste Sonderausgabe beschäftigt sich mit dem Thema Kultur in Göttingen. Am 11.11. erscheint eine zweite, kostenlose Sonderausgabe zu den Themen Umwelt und Ernährung.

Donnerstag, Oktober 13, 2005

Blog da - Job weg

Immer mehr Personalchefs such im Internet nach Details aus dem Vorleben der bewerber vor allem in den USA. Das Handelsblatt berichtet heute u.a. über den Fall von Maja Skipp. Die 29-Jährige Wienerin schien für eine ausgeschriebene Stelle bei der großen Werbeagentur im kalifornischen Santa Monica eigentlich die perfekte Kandidatin. Uni-Abschluss, deutsche und englische Sprachkenntnisse, Erfahrung im Marketing – lauteten die Voraussetzungen. „Ich habe alle 100-prozentig erfüllt“, wunderte sich Skipp. Auch Zeugnisse und Referenzen waren in Ordnung. Aber sie bekam den Job dennoch nicht. Ihre Internet-Vergangenheit war es, die sie den lukrativen Job kostete. Als Studentin hatte Skipp ein Weblog publiziert um ihre Freunden rund um den Globus über persönliche Erlebnisse auf dem Laufenden halten. Leider waren in diesem Blog auch Fotos, die Skipp bei einer College-Fete zeigten: ein Bierglas schwenkend in zweideutigen Posen – Jugendsünde als Jobkiller.

Scheuermann, 05.10.05

Wie tödlich sind Europas Grenzen

Immer mehr Menschen versuchen, die Grenzen der Festung Europa in Nordafrika zu überwinden. In den letzten Tagen hat es viele Tote gegeben; viele Menschen werden jetzt in der Sahara ausgesetzt und werden verhungern und verdursten. Europaweit finden Proteste statt, viele unter dem Motto 'Nicht in unserem Namen'.

Protestaktion am Heger Tor in Osnabrück

Am Mittwoch beteiligten sich in Frankfurt zwischen 100 und 200 Menschen an einer Demonstration zum spanischen Konsulat. Donnerstag wurden in Osnabrück mehrere große Transparente aufgehängt.

Text: Lotti und S7ven Feature auf de.Indymedia.org

Ich höre Radio Echo Moskvy. Und Du?

Manchmal möchte ich Hip Hop aus Thailand hören, manchmal Nachrichten aus Moskau oder Ambient aus Wien. Das Open Source Programm Streamtuner ist dafür bestens geeignet. Was mir gefällt schneide ich einfach mit, speichere es auf meinem Rechner oder brenne es für Freunde auf CD, wie früher mit meinen Kassetten.

Mit Metallknüppeln zu Tode geprügelt

Am Sonntag, den 09.10.05 wurde der achzehnjährige peruantische Student Enrique �ngeles Hurtado in der südrussischen Stadt Woronesch von etwa zwanzig Menschen überfallen und mit Metallknüppeln erschlagen. Zwei weitere Studierende aus Spanien und Peru wurden verletzt.

Am Dienstag zogen etwa 150 Demonstrierende von der Woronescher Stadtverwaltung durch die Innenstadt zur Akademie für Architektur, an der er bis zuletzt studiert hatte.

Gewalt gegen Ausländerinnen und Ausländer, Menschen aus anderen GUS-Republiken und Südrussen mit dunkler Haar- und Hautfarbe hat in den vergangenen Jahren in Russland stark zugenommen. Nach Angaben des US-finanzerten Senders Radio Free Europe Radio Liberty kam es in den vergangenen sechs Jahren zu sieben rassistisch motivierten Morden. Der letzte offiziell als rassistischer Mord anerkannte Vorfall ereignete sich im Jahre 2004. Damals kam au Student aus
Guinea-Bissau in (West-Afrika) ums Leben. Wonronesch liegt im Süden
Russlands. Dort lebn etwa 900.000 Menschen. Ungefähr 1900 Ausländerinnen und Ausländer studieren an der dortigen Universität.

Das Problem Rassismus wird in Russland nicht sehr stark bekämpft, ist aber zumindest Medienthema. Präsident Wladimir Putin erklärte vor etwa einem Monat, dass rassistische Gruppen in Russland bald von der politischen Landkarte verschwinden würden.

Anfang des letzten Jahres 42 Prozent der Befragten der Meinung, der Einfluss von Juden in Behörden, Politik, Wirtschaft, Recht, Erziehung und Unterhaltung gehöre eingeschränkt, und 28 Prozent der Befragten sprachen sich für begrenzte Siedlungsräume für Juden aus.

Mittwoch, Oktober 12, 2005

Vom Alex zur Tower Bridge

In Berlin gibt es einen kleinen Verlag. Den Berliner Verlag. Vielleicht kennt noch jemand die BZ am Abend, den "Berliner Kurier, die einzige Zeitung, die zweimal am Tag erscheint" und die Berliner Zeitung, die ein gewisser Herr Böhme zur Washington Post Deutschlands machen wollte. Von vielen Zeitungsmachern und Lesern wurden die Blätter belächelt. "Pupige Lokalblättchen.", habe ich mal jemanden sagen gehört.

Dabei hat man über die Jahre viel Geld investiert, in aggressives Marketing, in ein modernes Layout mit guten Infografiken, in gute und namenhafte Schreiberlinge.
Einen Gewinn von 9 Millionen Euro machte der Berliner Verlag im vergangenen Jahr. Allein 5,6 Millionen davon erwirtschaftete der Berliner Zeitung.

Aber irgendwie ist in der Karl-Liebknecht-Strasse der Wurm drin. G+J hat sich vor nicht so langer Zeit von den alten Ostblättern getrennt. Plötzlich hat
Holtzbrinck auch keinen Bock mehr und will den Berliner Verlag nach England verscherbeln.

Das Kartellamt war auf die Fusion der alten Westberliner Tante
Tagesspiegel und der Berliner Zeitung nicht sehr angetan. Jetzt hat Holtzbrinck schon Gespräche mit dem privatfinanzierten Investor 3i (steht wohl für Dreiauge) geführt. 3i wollte letztes Jahr schon bei der Frankfurter Rundschau einsteigen.

Eigentlich wollte sich Hotzbrinck immer vom Tagesspiegel trennen. Jetzt kommt aber doch alles anders.

Jetzt Testpilotin werden

Wer schon immer mal Testpilot werden wollte, hat bis 18. Oktober 2005 die
Chance dazu. Es muss nicht immer ein Flugzeug sein.

Ein Handy tut es auch. Der Sender LoungeFM, der Mobilfunk-Anbieter One und der Handyhersteller Nokia laden Nutzerinnen und Nutzer von etat.at ab sofort zum Testhören des weltweit ersten UMTS-Radiosenders ein. Chillig, loungig und werbefrei, besser lässt sich das Konzept des neuen UMTS-Casters nicht beschreiben. Für drei Monate vergibt Nokia 10  UMTS-Telefone. One liefert 40 Euro
Gesprächsguthaben pro Monat dazu. Nach Ablauf der Testphase ist ein
gemeinsamer Erfahrungsaustausch mit den Pilotinnen und Piloten geplant. Wer UMTS-Radio-Testerinnen oder Tester werden möchte, kann sich unter dieser eMail-Adresse bewerben:
testpilot@loungefm.at.

Diese PR-Kampagne schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Einerseits wird eine junge, kaufkräftige Zielgruppe mit hoher Affinität zu Technik und Unterhaltungselektronik angesprochen, andererseits
kann durch das Feedback der Testpersonen das Programm noch besser auf die Bedürfnisse der Hörerschaft zugeschnitten werden.

zum Stream

Stralau-Blog im Jugend-Style



Immer die gleichen Formatvorlagen. Irgendwann müssen doch alle BloggerInnen genervt sein. Auch das Design des Reifenwechsler-Blogs ist bestenfalls aufgepeppter Standard. Es geht auch anders.
Werft einen Blick auf das Stralau-Blog. Stralau, das klingt nach Brandenburg-Romatik, nach strahlender Sonne.

Der Name wurde vom wendischen/slawischen "strala" oder "strela" abgeleitet. Das heißt Pfeil.

Stralau ist mit 112 ha eine für Berliner Verhältnisse große Halbinsel zwischen Treptow, Friedrichshain und Lichtenberg. Knapp 1900 Menschen leben dort. Auf der einen Seite grenzt der Treptower, der Hafen der Weißen Flotte, die Insel der Jugend und der Kulturpark Plänterwald. Gegenüber liegt das legendäre Kraftwerk Klingenberg, der alte Knast, das Zementwerk und das Funkhaus Nalepastraße.
Vorn rattert die Ringbahn Richtung Ostkreuz. Früher gab es mal einen Straßenbahntunnel. Von dem ist nur noch wenig geblieben.
Zu DDR-Zeiten sollte Stralau mal das werden, was später die Waldsiedlung Wandlitz wurde. Das bot sich an. Nur 8 Minuten bis zum ZK bei freier Straße. Ringsrum Wasser.

Marx, Zille und Fontane haben dort mal für ein Weilchen gewohnt. Bis 2015 soll Stralau zur Reihenhaussiedlung umfunktioniert werden. "Wohnquartiere mit Grünanlagen" nennt sich das jetzt. Schöner sterben am Wasser.

Dienstag, Oktober 11, 2005

Hin und Her um Cicero

Letzte Woche hat das BKA eine Verfügung gegen einen Bericht in der Illustrierten Focus erwirkt. Thema: Aktenmanipulation in der Wiesbadener Zentrale auf dem Online-Portal des Magazins. Dass das BKA bei internen Ermittlungen manipulierte Terrorismusakten in Umlauf gebracht, stimme laut BKA nicht. Das Landgericht Hamburg hat es dem Magazin weiterhin untersagt, sowas zu behaupten. Gegen die einstweilige Verfügung will der Focus nun vorgehen.

Ausschlaggebend war die umstrittene Durchsuchungsaktion bei einem Redakteur und in den Redaktionsräumen der Potsdamer Zeitschrift Cicero. Der Redakteur hatte in einem Artikel über den jordanischen Terroristenführer Abu Mussab al-Sarkawi aus geheimen Unterlagen des Bundeskriminalamts zitiert. Der sozialdemokratische Bundesinnenminister Otto Schily sah in diesem Polizeieinsatz jedoch keinen Angriff auf die Pressefreiheit in Deutschland. Heute muss sich Schily in einer Sondersitzung des Bundestagsinnenausschusses den Fragen der Abgeordneten stellen.

Wann kommt die Bundeswehr ins Innere?

Wer bisher nicht so genau verstanden hat, warum hierzulande immer wieder gern der Einsatz der Bundeswehr im Inneren gefordert wird, dürfte wohl spätestens nach den Ereignissen im Mittelmeer am 28. September etwas schlauer geworden sein.


Foto: tchoucatoun.hautetfort.com

"Soldaten entern das entführte Fährschiff. Matrosen protestieren gegen den geplanten Verkauf der staatlichen Fährlinie an einen US-Investmentfonds. Dessen Chef ist ein Bekannter des französischen Premierministers de Villepin.

Vermummte Antiterrorsoldaten der Eliteeinheit GIGN haben gestern Morgen vor dem Hafen der korsischen Stadt Bastia das Schiff "Pascal Paoli" geentert. Sie ließen sich aus Hubschraubern auf das Fährschiff herab, das am Vortag von streikenden Seeleuten aus dem Hafen von Marseille nach Korsika entführt worden. Die Matrosen protestierten damit gegen den geplanten Verkauf der staatlichen Fährgesellschaft SNCM an einen Investmentfonds.

Die Soldaten legten den rund 30 Seeleuten Handschellen an, ließen sie an Deck niederknien und stellten ihnen Gefängnisstrafen von bis zu 20 Jahren in Aussicht. Dann fuhr das Schiff in Richtung Festland zurück."
(Quelle: taz und Ostblog)

Streetart in Göttingen


Foto: Jenz Steiner

Reporter ohne Cash

Immer wenn ein Journalist ums Leben kommt, sammeln die Agenturen bei Reporter ohne Grenzen Statements ein. Schließlich ist es DIE NGO in Sachen Pressefreiheit, und das schon seit 20 Jahren. Diese Übereinstimmungen mit der US-Politik und die Besonderheiten bei der Bewertung von Pressefreiheit sind angesichts der Offenbarung, dass auch die Reporter ohne Grenzen durch die NED finanziert werden, wohl kein Zufall. Wer sich von der NED, das dem State Departement untersteht, geheim finanzieren lässt, kann wohl kaum noch als unabhängig bezeichnet werden.



Zu den Geldgebern gehört die staatliche Stiftung National Endowment for Democracy aus den USA, ein Überbleibsel aus der Reagan-Ära, mit der extremistische Castro- und Sandisten-Gegner illegal unterstützt wurden. Sie untersteht direkt dem US-Department of State.

Bewirkt das eine selektive Wahrnehmung und Dokumentation der Pressefreiheit? Der Journalist Ralf Streck beleuchtet in einem Artikel vom Mai 2005 blinde Flecken im Sichtfeld der Bewahrer der Pressefreiheit. Er wird fündig und nimmt einige Fälle etwas genauer unter die Lupe.

Die erst vor zwei Wochen aus US-Beugehaft entlassene Journalistin Judith Miller, Matthew Cooper
und Mumia Abu Jamal, die gesonderte Behandlung von Kuba, Venezuela. Zum Artikel hier

Chinesische Lösung

"Ich bin Kommunist.", sagte eines Abends mein ehemaliger chinesischer Nachbar in Moskau. Daraufhin fragte ich ihn über seine Erinnerungen an den 89er Sommer in Peking aus. Es war interessant, seine Sicht auf die Dinge zu hören. Schließlich haben dort vor 16 Jahren 16 Panzer mehrere hundert Menschen plattgemacht.

Vor vier Tagen kam es am Rande des 56. Jahrestages der Gründung der VR zu Protesten auf dem Tiananmenplatz. Der himmlische Frieden zum Republikgeburtstag wurde durch Massenverhaftungen gestört. 40.000 Menschen sollen verhaftet worden sein. Das ist auf China-intern.de zu lesen, zugegeben eine nicht ganz neutrale Quelle.

Die Polizei war um die chinesische Flagge besorgt und ließ sie verstärkt bewachen. Einige Protestierende sollen laut China-Intern.de mit permanenter Überwachung, schweren Strafen und Arbeitslager rechnen.

In Südchina wurde etwa zur gleichen Zeit der 34-jährigen Lü Banglie, ein demokratisch gesinnter Abgeordneter eines städtischen Volkskongresses, zivilen Sicherheitskräften fast zu Tode geprügelt. Er hatte wohl das Thema Korruption etwas zu stark in den Vordergrund gerückt. Auch der Guardian-Journalist Benjamin Joffe-Walt blieb nicht unversehrt. Rauhe Sitten beim Handelspartner China.

Für die einen, also Ministerpräsident Wen Jiabao und Konsorten, ist es Sozialismus mit chinesischen Zügen, für die anderen, für die westlichen Politikwissenschaftler wie Sebastian Heilmann, ist es Kaderkapitalismus.

Montag, Oktober 10, 2005

Die Russen sind nicht begeistert.

Ich höre grad Radio Echo Moskvy über Internet. Dort sind grad die ersten Kommentare über Deutschlands neue Kanzlerin zu hören. Sehr skeptisch äussert man sich in Russland zum Amtsantritt von Angela Merkel. Die alte Komsomolze verleugne ihre Vergangenheit. Schon deshalb könne die CDUlerin keinen Pro-Russland-Kurs fahren. Die Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und der Bundesrepublik verschlechtern.

Endlich Informationsfreiheit, oder?

Am 1. Januar 2006 tritt es bundesweit in Kraft, das neue Informationsfreiheitsgesetz. Ist diese Aushebelung des Amtsgeheimnisses nicht schon eine kleine deutsche Kulturrevolution?
Haben Journalisten jetzt nicht noch tollere Recherchemöglichkeiten? Zurückweisen kann man das Gesetz nicht mehr so leicht.

Wenn ich Chef einer der vielen Amtsstuben wäre, würde ich das Problem ganz leicht zu lösen wissen. Bis Dezember würde ich in meiner Behörde eine Kampagne "Bürokratieabbau jetzt!" starten.

Alle Mitarbeiter sollen einfach alle nicht mehr als "wichtig" erscheinenden eMails löschen und der Umwelt etwas Gutes tun, indem sie nicht mehr "relevante" Akten ins Altpapier legen.
Um in Zukunft das papierfreie Büro umzusetzen, werden ein Großteil aller Absprachen nur noch mündlich getroffen.

Hat sich das erstmal etabliert, stellt jedere weitere Nachfrage einen erhöhten Verwaltungsaufwand dar. Den kann man sich ordentlich bezahle lassen. Die bisherige Beweislast wird umgekehrt: Nicht mehr Bürger und Journalisten müssen belegen, warum sie einen Informationsanspruch haben, sondern Behörden müssen begründen, warum sie in Ausnahmesituationen die Auskunft verweigern. Verwaltungsaufwand!

Freitag, Oktober 07, 2005

Post von Karstadt Quelle

Sehr geehrte Dame oder Herr,

haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben. Wie ich Ihren Zeilen entnehmen kann, sind Sie bzgl. der Entwicklungen im Fall Spectrum/ Shariyar und in Bangladesh durch die CCC nicht auf den neuesten Stand gebracht worden. Das ist umso bedauerlicher, als dass ich der Kampagne und ihren Trägerorganisationen die Reiseberichte jeweils umgehend zur Verfügung gestellt habe und auch sonst mit ihr kommuniziere,  und darüber hinaus am 18.7.05 das in Ihrem Brief erwähnte Gespräch mit unserem zuständigen Vorstand stattgefunden hat.

Es haben innerhalb der letzten Monate bereits drei Delegationsreisen mit Vertretern von der BSCI und einiger derer Mitgliedsunternehmen (Inditex, Cotton Group, KarstadtQuelle), einer Vertreterin von GAP (ETI- Mitglied), und dem Vorsitzenden der ITGLWF (Welttextilgewerkschaft) stattgefunden, und zwar Anfang Juni und Ende Juni/ Anfang Juli und Mitte September. Bei allen Reisen haben wir mit allen relevanten Stakeholdern - Exportverbände BGMEA und BKMEA, Regierung, Gewerkschaften, NGO's, aber auch mit vielen Opfern und mit dem Fabrikbesitzer - in Bangladesh Gespräche geführt und Massnahmen initiiert. Die Gespräche fanden auf hohem Level statt, d.h. in der Regel mit den Ministern und Präsidenten der jeweiligen Organisationen. Teilweise berichtet die CCC hierüber ja auch.

Zu Ihren Forderungen:

1. Wir haben bereits im Juni mit dem Fabrikbesitzer gesprochen und ihn aufgefordert, die ausstehenden Zahlungen zu leisten. Dies ist bereits bis Mitte Juli erfolgt.

2. Mit Hilfe von BGMEA und des Fabrikbesitzers wurde bereits vor drei Monaten Sorge dafür getragen, dass alle Arbeiter/ Innen, die noch keine Arbeit gefunden haben, in anderen Fabriken untergebracht werden. Wir haben keine Hinweise darauf, dass es noch Arbeiter/ innen ohne neue Stelle gibt, zumal sich das Unglück in der Hauptsaison ereignet hat und viele Arbeiter sofort in anderen Fabriken untergekommen sind.

3. Eine unserer Forderungen in BD war die Etablierung eines Nationalen Forums zum Thema Implementierung und Sicherstellung von Sozialstandards in der Textilindustrie. Dieses Forum, das alle relevanten Stakeholder umfasst und sich unter der Führung des Handelsministeriums befindet, ist Ende Juli ins Leben gerufen worden. Eine Monitoring Cell befasst sich mit der Ausarbeitung eines konkreten Massnahmenplans. Wir sind in Kontakt mit dem Handelsminister und auch dem zuständigen Koordinator der MC und begleiten diesen Prozess aktiv. KarstadtQuelle nimmt darüber hinaus in Wahrnehmung der BSCI- Interessen an den Sitzungen der MC teil.

4. KarstadtQuelle befindet sich - gemeinsam mit den anderen Stakeholdern - in einem ständigen Prozess, Strategien und Prozeduren zu überprüfen und weiterzuentwickeln, um eine noch nachhaltigere Verbesserung in den Fabriken zu erreichen. Wir werden diesen Prozess auch zukünftig aktiv und energisch vorantreiben.

5. Die Bedenken der NGWF richten sich vor allem auf die Qualität und die Effizienz der durchgeführten Audits. Alle Lieferanten von KarstadtQuelle in Bangladesh befinden sich derzeit in der Auditierungs- und Qualifizierungsphase. Vor Abschluss dieses Prozesses können und wollen wir die Liste der Lieferanten nicht an die Gewerkschaft übergeben. Dies ist ohne Einverständnis der Lieferanten auch rechtlich nicht möglich.

Dass Entschädigungszahlungen auf Grundlage des zu erwartenden Einkommensausfalls im gesamten Berufsleben der ArbeiterInnen berechnet werden müssen, sieht die bengalische Rechtssprechung nicht vor. Auch ist die gesetzlich vorgeschriebene Kompensation für den Todesfall/ Invaliditätsfall völlig unzureichend. Aus diesem Grund haben wir die Gründung des Hilfsfonds beschlossen. Die Bedingungen hierfür sind jedoch vielfältig und müssen durch Unternehmensberater und Rechtsanwälte geklärt werden.

Ich hoffe, dass diese Informationen Ihnen einen Eindruck von den Entwicklungen der letzten Wochen geben. Lassen Sie mich hervorheben, dass insbesondere in Bangladesh eine Bewegung unter Beteiligung aller Stakeholder entstanden ist, die die systematische und konsequente Verbesserung der Sozialstandards in der Textilindustrie zum Ziel hat. Allein die Gründung eines National Forums kann schon als immenser Fortschritt und als erster Erfolg gewertet werden. Wir alle sollten diesen Prozess fördern und unterstützen.

Mit freundlichen Grüssen

Maren Böhm

Leiterin Gesellschaftspolitik
KarstadtQuelle AG

40 Jahre DDR, ein Jahr Anarchie

Die Tage vor dem 40. Jahrestag der DDR waren spannend und emotionsgeladen. Beim letzten Appell auf dem Schulhof brach die Direktorin fast in Tränen aus. Ihre Stimme bebte. Es war sowieso eigenartig, dass jetzt noch sowas Feierliches stattfand. An den vergangenen Montagen gab es immer nur Ordnungsappelle auf den Fluren. Verwarnungen, Verweise und gelegentlich Klassentadel wurden dort ausgesprochen. Irgendwie schienen sie es alles nicht mehr im Griff zu haben.

Am 6.Oktober kam Gorbatschow nach Berlin. Nicht nur er. Auch Arafat, Fidel, Miterand und alles was unter Ostbonzen Rang und Namen hatte. Uns hat nur Gorbi interessiert. Manche in den höheren Klassen hatten aus Polen oder aus dem Westen kleine runde Keramik-Buttons mit Gorbi drauf. Wir haben Buttons damals immer Sticker genannt. Wahrscheinlich weil man sie anstecken konnte.

Wir sollten gegen Mittag zur Schönhauser Allee, Spalier stehen und winken. Nach den Sommerferien 89 war unserer Klasse ganz schön klein geworden. Viele sind in den Westen gegangen. Ich weiß nicht, ob sie über Österreich-Ungarn weg sind. Die Grenzöffnung hatte Kohl damals den Arsch geretten. Die West-CDU wollte ihn absegen. Die Wohnungstüren meiner Freunde waren versiegelt, mit Stempel von der VP. Das war irgendwie beklemmend. Manchmal konnte man durch den Spion noch Möbel sehen. Manchmal war alles leer.

An den vergangenen Wochenenden hatten die Eltern öfter Besuch von Freunden und Bekannten. Immer mehr Frust staute sich an. Danach hieß es immer: "Kein Wort von dem was hier gesprochen wurde, verlässt diese vier Wände." Und ich schwieg.

Alle meine Mitschüler hatten schon ein politisches Bewusstsein entwickelt. Wir wussten vom Sputnik-Verbot, von Skinheads im Osten und von Joint Ventures zwischen West-Konzernen und Volkseigenen Betrieben. Wir kannten irgendwann die Gesichter der unauffälligen Herren mit leeren Einkaufsbeuteln, die in der Greifswalder immer an den gleichen Schaufenstern vorbeischlenderten. Doch noch waren wir fast alle linientreu. Noch hofften einige auf eine kleine Karriere als Freundschaftsratsvorsitzende.

Am Vormittag des 6. Oktober saßen wir im Klassenraum, ohne Lehrerin. Ein paar Mädels malten eigene Gorbi-Plakate. "Glasnost, Perestroika, Gorbi!". Solche Sachen standen da drauf. Ganz schön krass. Das wäre ein paar Tage zuvor nicht möglich gewesen. Am 3. Oktober gab es am Dresdner Hauptbahnhof krasse Ausschreitungen, als der Zug mit den Ostlern aus der Prager West-Botschaft durchrollte.

Gorbi kam in Schönefeld an, ratterte mit Honni durch die Schönhauser Allee Richtung Schloss Niederschönhausen, dem einstigen Amtssitz von Wilhelm Pieck, unserem ersten und letzten Präsidenten.
Wir mussten ewig warten und bekamen rote und blaue Nylon-Tücher als Winkelemente. Unsere Lehrerin war auf einmal wieder da und wies uns halbherzig darauf hin, dass wir nur damit winken sollen.

Alle 6 Meter stand ein Volkspolizist, die Beine leicht auseinander, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Gorbi und Honni kamen irgenwann angerollt, eine dicke Kolonne, abgesehen von den VP-Ladas nur Westautos, Volvo, Citroen und so. Gorbi-Rufe. Honni hatte die Scheibe unten und bekam ein paar Buh-Rufe ab. Alles ging super schnell. Die dunkelblauen und schwarzen Karossen ratterten über das Kopfsteinpflaster und verschwanden in Pankow. Unsere Klasse sammelte sich wieder. Die VPler zogen ab.

Unsere Klassenlehrerin führte uns zur Gethsemanekirche. Über dem Eingang hing ein schwarz weiß rotes Transparent. Irgendwas mit Freiheit für politische Gefangene stand da. Auf dem Zaun standen Kerzen, auf der Treppe Männer mit Vollbart. In der Kirche war es voll. An den Wänden hingen Zettel, handgeschriebene Flugblätter und Bilder. Copy-Shops gab es nicht.

Die Gespräche auf dem Heimweg waren spannend und politisch. Mit meinem Klassenkamerad David unterhielt ich mich lange über den Sinn von Joint Ventures. Am nächsten Tag war frei. Die Parade schaute ich mir im Fernsehen an. Keine Hubschrauber dieses Jahr. Aber reichlich Katjuschas, Panzerhaubitzen, die tollen, offenen Tschaikas und Fallschirmspringer mit roten Barrets.

Die Eltern hatten Besuch aus Halle. Ich fuhr mit dem Rad noch schnell zum Alex. Das muss kurz vor den ersten Protesten gewesen sein. Die letzten Soldaten fuhren grad weg. Abends war noch Höhenfeuerwerk im Friedrichshain. Wir stellten uns aufs Dach. Das Handelszentrum in der Friedrichstrasse hatte in einzelnen Räumen die Lichter so angestellt, dass es von aussen den Schriftzug DDR 40 ergab. Im "Friedi" knallte und rummste es. Doch von irgendwoher waren Stimmen zu hören. Sprechchöre, Rufe, eine aufgebrachte Masse.

Am nächsten Schultag war kaum richtiger Unterricht. Die Klassenlehrerin hatte eine Berliner Zeitung und ein Neues Deutschland dabei. Sie laß zwei Kurzmeldungen vor, die irgendwo auf der letzten Seite versteckt waren. Irgendwas mit Rowdies und Randalierern im Stadtzentrum. Wir waren empört und diskutierten. Plötzlich waren die Standard-Sprüche: "Ich schließe mich der Meinung meines Vorredners an." verschwunden, für eine Weile zumindest. Wir hatten keine Diskussionskultur.

Die Mathe-Lehrerin hatte einen Bekannten bei der staatlichen Nachrichtenagentur der DDR ADN. Sie war mit ihm unterwegs gewesen, hatte Fotos dabei und hatte auch einen Knüppel in die Nieren gestoßen bekommen.

Ein paar Tage später verschwand Honni von der politischen Bildfläche. Die Sekretärin entsorgte sein Bild aus dem Büro der Direktorin in der Schulmülltonne. In der Pause flog es quer über den Schulhof. Die DDR hatte zumindest für uns aufgehört zu existieren. Es begann ein Jahr der Freiheit und Grenzenlosigkeit.
War das schon ein Stückchen Anarchie?

Donnerstag, Oktober 06, 2005

Website zum CCC-Kongress Radio online

Auch in diesem Jahr wird der Kongress des Choas Computer Clubs von einem Radiostream begleitet. Da es schon im Vorfeld des Kongresses viel zu berichten gibt, wird bereits am 1. November ein Podcast gestartet, der über die Themen und Inhalte der Seminare und Workshops informiert. Mehr unter Congressradio.de .

Sittengemälde der russischen Surfer

In Russland ist das Internet schon längst kein mysteriöses Phänomen mehr. Vor mehr als 11 Jahren, im März 1994, wurde die Domain .ru angemeldet. In dieser Dekade hat das RUNET, die russischsprachige Sparte des Netzes viele Höhen und Tiefen durchlebt. Das russische Marktforschungsunternehmen Romir hat am Dienstag, den 26. Juni erneut eine Studie zur Nutzung des RUNET veröffentlicht.



Das Portrait des typischen RUNET-Users könnte man ungefähr so beschreiben. Ein etwa dreißigähriger Mann, der als Manager in einem mittelständischen oder großen Unternehmen tätig ist, geht jeden Tag mindestens einmal online.

Ungefähr dreizehn Prozent aller Russen benutzen das Internet. 56 Prozent der User sind Männer. 44 Prozent sind Frauen. Die meisten User fallen mit einer Altersspanne von 18-24 Jahren in den attraktivsten Teil der werberelevanten Zielgruppe. Etwa zwanzig Prozent der RUNET-User sind zwischen 25 und 34 Jahre alt. Der Anteil der 35-44 Jährigen nimmt nur zehn Prozent ein. Mit gerade einmal vier Prozent verschwinden die User, die älter als 45 sind, in der Bedeutungslosigkeit.

Das ergibt ein Durchschnittsalter von 30 Jahren. Neunundzwanzig Prozent der User verfügen über ein überdurchscnittlich hohes Einkommen. Der Großteil der RUNET-User verdient aber nur zwischen 3000 und 5000 russische Rubel im Monat. Das entspricht 86,8 bis 144,7 Euro sind.

Im Vergleich zum letzten Quartal des Jahres 2004 hat die Internet-Nutzung durch Männer etwas zugenommen. Frauen surften in den ersten Monaten dieses Jahres etwas weniger im Netz. Die 18-24 Jährigen waren viel öfter online als Ende letzten Jahres, jedoch nicht so viel wie Anfang 2004. Die 35-44 Jährigen nutzten das Internet im ersten Quartal 2005 ebenfalls etwas weniger. Ein leichten Anstieg der Internet-Nutzung kann man bei Menschen über 44 erkennen.

Siebenundzwanzig Prozent der Internet-Nutzer studieren zur Zeit. Zwanzig Prozent sind berufstätige und hochqualifizierte Fachleute. Siebzehn Prozent sind als Angestellte tätig. Die Angaben ergeben sich aus einer dreimonatigen Umfrage unter tausendfünfhundert volljährigen Menschen in einhundert Städten und Siedlungsgebieten der Russischen Föderation.

Mittwoch, Oktober 05, 2005

Wien bietet Linux-Distribution an



"In Berlin vergnügt man sich zwischendurch, in Wien arbeitet man zwischendurch."

So trefflich wusste bereits im 19. Jahrhundert Nikolaj Gogol den Unterschied zwischen den beiden deutschsprachigen Hauptstädten zu beschreiben.
Und wenn in Wien gearbeitet wird, dann mit Open Source-Anwendungen. Zumindest in den Amtsstuben.
Die Stadt Wien stellt ab sofort seine Linux-Distribution Wienux zum kostenlosen Download bereit. Das ist eine echte Alternative zu "MS-Fenster" für Behörden und Großbetriebe.

Wienux baut auf die Distribution Debian 3.1 "Sarge" und bietet dementsprechend keine Überraschungen. So bringt es den Linux-Kernel 2.6.11 und XFree86 4.3 mit. Als Desktop kommt KDE 3.3.2 zum Einsatz. Mit Mozilla Firefox wird gesurft, Texte, Tabellen und Präsentationen erstellt man mit OpenOffice.org. Zur Bildbearbeitung kommt GIMP gleich mit im Paket.



Bei Debian handelt es sich nicht um eine Firma sondern eine Entwickler-Gemeinschaft. Aus freier Software stellen sie eine stabile Distribution zusammen. Einige kennen sicher Knoppix und Ubuntu als Datenretter in der Not. Dabei handelt es sich um Derivate von Debian.