Freitag, August 21, 2009

Ein neues Liedchen von mir: Stacheldrahtzaun

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Neulich spazierte ich mit meiner Freundin durch die Stadt. Plötzlich standen wir vor einer großen Baustelle. Reihenhaus-Rohbauten so weit das Auge reicht. Ein großes Schild warb für paradiesisches Wohnen mitten in der Stadt.
Ich sagte zur ihr:

Komm wir klettern übern Stacheldrahtzaun, nicht um was zu klauen, nur um die Gegend anzuschauen!
Ich will nur wissen, was sie hier hinbauen?
Raum für Raum in beige und braun.
Ich hoffe, die haben hier kein Hund, denn ich hab keinen Bock zu botten über matschigen Grund.
Die haben hier nicht mal einen Wachschutz, doch jemanden, der ihnen das Dach putzt.

Refrain:
Kannst Du Dir denn vorstellen, in so einem Teil zu wohnen. Das Minimum Wohneigentum kostet zwei Millionen. Das Leben ist edel, doch trist und grau, hinter so 'nem Stacheldrahtzaun.

Ich sag: Hey weeste, denk doch mal an die Kleensten! Die Alten sind beschrubbt, doch all die Kinder tun mir Leid. Wie will man hier denn spielen, ohne sich begafft zu fühlen. Der Spielplatz ist so glatt und kühl, steril wie in der Klinik.
Ich wäre hier längst schon durchgedreht.
Guck wie klein die Fenster sind! Was willst Du da groß sehen?
Carports, Gartenteiche für lebendige Leichen hinter diesem Stacheldrahtzaun.

Kannst Du Dir denn vorstellen, in so einem Teil zu wohnen. Das Minimum Wohneigentum kostet zwei Millionen. Das Leben ist edel, doch trist und grau, hinter so 'nem Stacheldrahtzaun.

Kannst Du Dir vorstellen hier zu wohnen? Nein, nein, nein, nein, nein, nein. Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nicht hinter so einem Stacheldrahtzaun.

Auf Granit- und Mamorböden gedeiht noch längst kein Glück. Ein Autolift bringt Dich nicht höher, nicht mal ein kleines Stück. Das Glück liegt in uns selber, nicht in irgendwelchen Dingen. Die Leute, die da einziehen, können das leider nicht verstehen. Im Studium wird das nicht gelehrt. Die Elite macht Rendite. Alles Andere ist nichts wert. Man hat Kontakte, doch keine Freunde - hinter so einem Stacheldrahtzaun.

Kannst Du Dir denn vorstellen, in so einem Teil zu wohnen. Das Minimum Wohneigentum kostet zwei Millionen. Das Leben ist edel, doch trist und grau, hinter so 'nem Stacheldrahtzaun.
Wer bitte braucht denn ein Townhaus? Gebt das Geld lieber einem Frauenhaus, denn irgendwie müssen die das Ding ja finanzieren.
Womit die die Stadt jetzt zubauen bauen, ist der reinste Albtraum Traum,
das tut ja schon weh, au, au. Nobelhundehütten, wau, wau.
Zementmischer, Baugruben und Kräne realisieren Bauherrenpläne.
Kleingeister, Baumeister, Verandablick aufs Meer, vor der Türe gleich den Reichstag. Die Investoren haben das hier auserkoren als ihren eigenen Boden, Stadtplaner haben verloren.
Ah, für einen Arzt oder Anwalt lohnt sich dieses teure Angebot.
Doch die haben Angst vor Feuerlegern, Mucke, Lärm, Gestank und Punks und Schlägern.
Ruhig wohnen im Zentrum der Stadt, die vor lauter solcher Bauten kein Zentrum mehr hat.
Alles dreht sich nur ums Ge-e-eld.
Hauptsache verbeamtet oder angestellt.
Was ist an einer Stadt noch interessant, wenn man hier lebt wie auf dem Land? Piefig, miefig, langweilig und trist: meine Ästhetik trifft das nicht. Ich wünsche mir eine lustige Stadt, die Platz für bunte Hunde hat
und nicht ganz so viel Stacheldraht, ich kann mich noch entsinnen.
Das hatten wir grad.

Ich kann mir nicht vorstellen, in so einem Teil zu wohnen.
Ich brauche nur ein paar Kröten, keine zwei Millionen.
Mein Leben ist dufte und richtig schau, ohne so einen Stacheldrahtzaun.

Text: Jenz Steiner
Aufnahme: DJ V.Raeter

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