Dienstag, April 29, 2008

Braucht P-Berg noch ein Krankenhaus?

Der Klinikkonzern will seine Standorte neu konzipieren. Wegen hoher Kosten fiel der Gewinn 2007 geringer aus. Nun steht Berlins fünftgrößtem Arbeitgeber ein turbulentes Jahr ins Haus.

Für den fünftgrößten Arbeitgeber in Berlin steht ein turbulentes Jahr an: Der Konzern, der zum Ende des Jahres das Krankenhaus Prenzlauer Berg in ein ambulantes Ärztezentrum umwandeln möchte, plant noch weitere Umstrukturierungen. So sollen alle genutzten Gebäude – von denen laut Geschäftsführer Joachim Bovelet 80 Prozent denkmalgeschützt seien – „in vernünftiger Weise umgebaut werden“. Nicht jedes Zimmer habe ein Badezimmer, die Stationen seien viel zu groß und dadurch wirtschaftlich nicht tragbar. Pflegerisch könnten sie aber mit privaten Häusern sehr gut mithalten.

Vivantes machte im Jahr 2007 ein Plus von 2,1 Millionen Euro – das sind fünf Millionen weniger als im Vorjahr. Zurückzuführen sei dies auf die erhöhte Mehrwertsteuer, gestiegene Energiekosten, den Solidaritätsbeitrag für die gesetzlichen Krankenkassen und Sanierungskosten sowie hohe Nachzahlungen. „ Nur durch enorme Einsparungen konnten wir diesen Gewinn erzielen“, sagte Bovelet am Montag bei der Vorstellung der Jahresbilanz. Um den sogenannten Masterplan, der bis 2015 umgesetzt werden soll, zu verwirklichen, hatte der Konzern 80 Millionen Euro Fördergelder beim Senat beantragt. 37,5 Millionen seien „nun im Gespräch“, sagte Bovelet.

Vivantes wolle sich ab 2009 für seine Mitarbeiter an dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes orientieren. Seit 2004 werden die Beschäftigten nach dem Notfallplan „Tarifvertrag Sicherung Vivantes“ bezahlt, der damals eingerichtet wurde, um Schließungen zu vermeiden. Der Tarifvertrag läuft Ende des Jahres aus. Er beinhaltet den Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie auf Lohnerhöhungen. Die Tarifpolitik sei ein Problem, weil den Kliniken durch die Budgets keine finanziellen Spielräume blieben. „Im Mai wird es erste Gespräche mit den Gewerkschaften Verdi und Marburger Bund geben“, gab Bovelet bekannt. Die Streiks der Ärzte und die daraufhin erlangten Gehaltszulagen stellten starke Belastungen für das Unternehmen dar, sagte der Vivantes-Chef.

Zu Spekulationen über die Schließung des Wenckebach-Klinikums in Tempelhof wollte sich die Geschäftsführung nicht äußern. Vivantes beschäftigt 10 000 Menschen als Vollzeitkräfte; hinzu kommen noch rund 3000, die in verschiedenen Teilzeitmodellen arbeiten. Die Personalkosten machen 70 Prozent der Klinikausgaben aus.

Die umstrittene Schließung der Klinik Prenzlauer Berg stehe fest, sagte Bovelet. Die starke Konkurrenz von Ärztezentren und -praxen in dem Stadtteil sei „eine ernst zu nehmende Konkurrenz“, gab Bovelet zu. Er stellte aber in Aussicht, dass sich das neue Vivantes-Ärztezentrum dort auf Kinder-und Jugendpsychiatrie konzentrieren wolle. Liva Haensel

(Liva Haensel, Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 29.04.2008)

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