Montag, April 07, 2008

Schüler in den Container

Am liebsten würde die Pankower Schulstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) verbieten, dass im Ortsteil Prenzlauer Berg neue familienfreundliche Wohnanlagen, etwa an der Kollwitzstraße und der Schwedter Straße, gebaut werden. Denn die Neubauten bringen ihr Probleme. "Für große Bauvorhaben braucht man auch eine Infrastruktur, vor allem ausreichende Plätze an Grundschulen", sagt sie. Und deshalb muss sie sich dringend darum kümmern, dass in dem dicht besiedelten Ortsteil neue Grundschulen eröffnet werden. Und weil der mit etwa 30 Millionen Euro verschuldete Bezirk gar kein Geld für neue Schulen hat, wird im Schulamt jetzt darüber nachgedacht, "mobile Unterrichtsräume" für Erstklässler zu errichten. "Container wären eine Alternative zu teuren Neubauten", sagt Zürn-Kasztantowicz.

Schon im nächsten Schuljahr reichen die Plätze in den zehn staatlichen Grundschulen in Prenzlauer Berg nicht mehr aus. Die Zahl der Erstklässler wächst stetig (siehe Grafik). "Künftig brauchen wir jedes Jahr eine neue Grundschule", sagt Zürn-Kasztantowicz. Im Schuljahr 2010/2011 wird es auf Grundlage aktueller Prognosen 367 Schulanfänger mehr geben als derzeit. Vor allem in den beliebten Wohnvierteln Kollwitzplatz, Teutoburger Platz, Helmholtzplatz und Bötzowviertel werden neue Grundschulplätze benötigt.



Im Bezirk gibt es viele Pläne, wie man dem wachsenden Bedarf an Grundschulplätzen gerecht werden könnte. Über ein Papier der SPD "Neue Schulen für den Kiez" wird jetzt in den Ausschüssen diskutiert. So sollen einst geschlossene Schulstandorte wieder zu Grundschulen umgewandelt werden. Etwa fünf Millionen Euro und mehr könnte so ein kind- und schulgerechter Umbau kosten, etwa für landeseigene Gebäude in der Straßburger Straße und der Prenzlauer Allee. Auch ein Oberstufenzentrum an der Pappelallee könnte umgebaut oder durch einen Neubau ergänzt werden. Im Bötzowviertel könnte das frühere Pasteurgymnasium eine Grundschule werden. Auf der Werneuchener Wiese, einer Freifläche zwischen Danziger Straße und Volkspark Friedrichshain, würde der Bezirk gern eine neue Schule mit Turnhalle errichten.

"Aus Bezirksmitteln ist das aber nicht zu finanzieren", sagt Lioba Zürn-Kasztantowicz. Der acht Millionen Euro Umbau des denkmalgeschützten Gebäudes Danziger Straße 50 zur Grundschule wird zum Beispiel aus dem Programm Stadtumbau Ost finanziert. Weil die Kosten höher sind als geplant, wird die neue Grundschule nicht 2009 eröffnen, sondern erst 2010.

Bis zum Juli sollen alle landeseigenen Gebäude in Prenzlauer Berg untersucht werden, ob sie sich als Grundschulen eignen könnten. Im Schuljahr 2008/2009 gibt es noch genügend Grundschulplätze an staatlichen Schulen. "Es ist eng, doch die Plätze reichen. Die Schulanfänger kommen an ihre Schule im Einzugsgebiet", sagt die Schulstadträtin. Zunehmend mehr Kinder gehen auf Freie und kirchliche Schulen.

Im vergangenen Jahr herrschte ein regelrechtes Anmeldechaos. Für ein Viertel der Erstklässler zwischen Helmholtzplatz und Kollwitzplatz gab es keinen Platz an der nächstgelegenen Grundschule. Per Losverfahren wählte das Schulamt die Schüler aus, nach Klagen von Eltern erklärte das Verwaltungsgericht dies als unrechtmäßig. Der Bezirk musste reagieren und eröffnet im nächsten Schuljahr eine neue Gemeinschaftsschule in der Erich-Weinert-Straße für 75 Schulanfänger.

Schulstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz geht zurzeit auf "Sensibilisierungstour", um beim Senat Geld für neue Grundschulen einzuwerben. Der Bezirk Pankow hat Schulden in Höhe von 30 Millionen Euro.

Die Zahl der Erstklässler im Ortsteil Prenzlauer Berg wächst in den kommenden Jahren weiter. Ein Rückgang der Geburtenzahlen ist im Moment noch nicht erkennbar.


Stefan Strauss

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