Berlin wird um ein Stück mondäner Clubkultur reicher. Das Soho House Berlin entsteht an der Torstraße 1 in Prenzlauer Berg, an einer der prominentesten und geschichtsträchtigsten Ecken der Stadt. Das Haus ist alt, doch das Konzept ist modern. Und die Arbeiten haben bereits begonnen.
Hinter der ehrwürdigen Fassade des einstigen Kreditwarenhauses Jonass werden Suiten, Apartements, Restaurants, eine Bibliothek, Geschäfte und eine Galerie eingerichtet. Vom Schwimmbecken auf der Dachterrasse genießt man in 30 Meter Höhe den Blick auf den Alexanderplatz. Im Keller findet der Gast Fitnessräume und ein Kino vor. Das Haus wird ein Treff für Menschen aus der Medien-, Kunst- und Filmbranche, steht aber zu großen Teil auch denen offen, die nicht Club-Mitglied sind.
Soho House Clubs gibt es in London, Somerset, Chiswick, New York, Los Angeles und Hong Kong. 1995 gründete Nick Jones den ersten der exklusiven Treffs für die Kreativen. Sie bieten Loungemusic, Previews der neuesten Filme in clubeigenen Kinos, moderne Räume für private und geschäftliche Veranstaltungen, Kinderbetreuung und die clubeigene Kosmetiksalonkette „Cowshed“. Soho House hat weltweit mehr als 14.000 Club-Mitglieder, deren Durchschnittsalter soll bei 33 Jahre liegen. „Die Clubs sind immer in Häusern eingerichtet, die unter Denkmalschutz stehen oder eine ganz besondere Geschichte haben“, sagt Architekt Gunter P. J. Bürk vom Büro J.S.K Siat International Architekten und Ingenieure, das mit der Planung beauftragt ist. Doch das Konzept sei modern.
Tatsächlich hat das imposante Gebäude an der Torstraße bewegte Zeiten erlebt. 1928/29 ließ der jüdische Kaufmann Hermann Gollhuber das Kreditwarenhaus Jonass erbauen. Bewohner des Scheunenviertels kauften ein und konnten in Raten bezahlen. 1937 wurde das Gebäude zum Bürohaus für die Reichsjugendführung der NSDAP umgebaut und 1942 an die NSDAP verkauft. 1946 zog der Parteivorstand der SED ein. Das Gebäude bekam den Namen „Haus der Einheit“ und war später Sitz des Zentralkomitees der SED. DDR-Präsident Wilhelm Pieck und DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl hatten ihre Diensträume im Gebäude. Von 1959 bis 1989 nutzte das Institut für Marxismus-Leninismus die Räume. 1992 waren das Archiv, die Bibliothek und die Werkstätten beim Parteivorstand der PDS im Haus untergebracht. Sie zogen ins Bundesarchiv in Lichterfelde. Seit 1995 steht das Haus leer. Nun erinnert eine gläserne Stele mit Texten und Fotos an die Geschichte des Hauses. Sie wurde vor einem Jahr enthüllt und ist Teil der Geschichtsmeile Berliner Mauer.
Seit 2007 ist das Haus im Besitz einer britischen Investorengruppe. Cresco Capital will Bürk zufolge etwa 40 Millionen Euro investieren. Die Baugenehmigung liegt vor. Die Arbeiten haben bereits begonnen, das Haus wird zurzeit entkernt. Für Herbst 2009 ist die Fertigstellung geplant. Die alte cremefarbene Fassade mit Risaliten wird wieder hergestellt, neue Holzfenster werden eingebaut. Von der alten Einrichtung sei nichts mehr geblieben, sagt Architekt Bürk. Lediglich die alten Notstromaggregate des Kaufhauses sollen im Gastronomiebereich wieder verwendet werden. Auch die ursprünglichen Aufzugskerne bleiben erhalten und werden mit neuen Lifts ausgestattet.
Etwa 16.000 Quadratmeter groß ist die gesamte Bruttogeschossfläche. Hauptmieter des Hauses wird Soho House. Im Erdgeschoss sind Restaurants, die Lobby und eine Galerie geplant, möglicherweise auch Geschäfte. Im ersten und zweiten Obergeschoss werden Büros eingerichtet, dann folgen zwei Etagen mit den Apartments eines Boarding Houses und weitere zwei mit den Suiten des Soho House Clubs. Clubräume, Bibliothek, ein privates Esszimmer, ein Spielraum, Restaurant und Bar werden im siebten Obergeschoss eingerichtet, als vertraute Umgebung der Club-Mitglieder. „Weg von zu Hause, aber zu Hause“, so beschreibt Architekt Bürk das Motto. Auf dem Dach finden sich neben dem 14 mal fünf Meter großen Schwimmbecken eine Terrasse und ein Bistro. Im Hof wird eine Piazza angelegt. Gäste des Hauses können die Parkplätze der benachbarten Backfabrik nutzen. Eine eigene Tiefgarage wird Soho House Berlin nicht haben. U-Bahn, Bus und Straßenbahn sind in unmittelbarer Nähe erreichbar.
Architekt Gunter Bürk ist zuversichtlich, dass das Soho-House-Konzept in Berlin funktioniert. „Die Vielfalt der Nutzung in einem Haus ist einmalig.“
(lokale Kopie Sabine Flatau, Die Welt)
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